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wortwechselBewährte Kriegsstrategie: Vergewaltigung. Enjoy!

„Wenn eine Vergewaltigung unvermeidbar ist, entspannen Sie und genießen“, empfiehlt ein Generalmajor Renk. Theweleits kritischer Klassiker „Männerphantasien“ bleibt sehr aktuell

Zwei-Sterne-General, Karriere bei Bundeswehr und Nato: Hartmut Harro Renk Foto: us army

„Rape Culture im Militär: „Der arme Soldat, der vergewaltigen muss“,

wochentaz vom 25. 5. 25

Und die Konsequenzen?

Die misogyne Äußerung des deutschen Generals Hartmut Renk wurde von einer britischen Offizierin gemeldet. Haben die anderen TeilnehmerInnen der internationalen Besprechung diese unsägliche Äußerung „toleriert“? Wurden sie befragt, warum sie eine solche Äußerung zu sexuali­sierter Gewalt nicht melden? An wen meldet eine deutsche Soldatin/Bundeswehrangehörige misogyne Äußerungen und sexuelle Übergriffe von Mitsoldaten oder Vorgesetzten? Werden diese ausreichend „bearbeitet“ und haben auch Konsequenzen?

Wie stellt die Bundeswehr eigentlich in Bewerbungsverfahren sicher, dass männliche Bewerber die Würde von Frauen achten werden? Es heißt, Hartmut Renk hat seine unsägliche „Äußerung“ als „bekannt“ bezeichnet. Bekannt unter deutschen Bundeswehroffizieren?

Sollen wir Frauen Vergewaltigungen jetzt als Preis der „Kriegstüchtigkeit“ akzeptieren? Warum gibt es keine „kleine“ Anfrage einer Partei an das Bundesverteidigungsministerium?

Abschließend frage ich mich, ob eigentlich eine Armee, in der auf Führungsebene solche Äußerungen „bekannt“ sind, einen „mindset“ hat, der tatsächlich die weibliche Bevölkerung – und zwar auch die eigene! – im Kriegsfall vor Vergewaltigungen schützen wird.

Name ist der Redaktion bekannt

Liebes taz Team, danke für den sehr guten Artikel, insbesondere auch für den Hinweis auf die Kommunikationsstrategien von Rechten und Frauenhassern. Diese Strategien müssen benannt werden! Sätze wie „Nicht schon wieder die Nazi-Keule, haha!“ und „War doch nur Spaß!“ werden bewusst eingesetzt, um die Intention zu verschleiern und die Gegenseite als hysterische und humorlose Wortklauber dastehen zu lassen. Auch die Fassade aus Internetblödelhumor, die Elon Musk umgibt, macht die rechtsradikale Gesinnung für viele Kritiker schwer greifbar. Und Donald Trump wurde lange als Clown unterschätzt.

Die Journalistin Talia Lavin hat für ihr Buch „Culture Warlords“ über ein Jahr lang rechtsradikale Foren und Chatgruppen untersucht. Die Verherrlichung von Gewalt und Zerstörung wird dort von einem Grundrauschen aus Frotzeleien und Meme-Humor begleitet. Sie nutzen ebenfalls die Blödelstrategie, um sich an der Hilflosigkeit der Gegenseite zu weiden, die verwirrt ist, „wie das nun gemeint sein“ soll. Die Ressentiments gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen werden als „ist doch nur comedy, alles nicht so gemeint!“ verharmlost und salonfähig gemacht. Name ist der Redaktion bekannt

Aus dem taz.de Forum

„Deutschland muss wieder kriegstüchtig werden!“ Was das vor dem Hintergrund der sexualisierten Gewaltstrukturen in den Köpfen der Soldaten der Bundeswehr und ihrer Führer potenziell bedeuten kann, kann man sich nun gut vorstellen. Dieser unkritische Jubel über die Rede von „Wir machen Deutschland wieder fit für den Krieg“ bis hin zu „Wir wollen die größte und stärkste Armee Europas haben“ ist ein kultureller und psychostruktureller Rückschritt. Der Klassiker „Männerphantasien“ von Klaus Theweleit sollte nochmals genau gelesen werden! taz Forum

Was reden unsere Herren Staatsdiener da? So einer steuerfinanzierten, menschenverachtenden Bagage sollen deutsche Bürger ihren Nachwuchs zur Ausbildung überlassen? taz Forum

Vergewaltigung betrifft, insbesondere im Krieg, nicht nur Frauen. Nachgewiesen ist, dass die Vergewaltigung von männlichen Kriegsgefangenen durch die russischen Streitkräfte auch heute noch quasi Standard ist. taz Forum

Ich frage mich, weshalb die Autorin annimmt, der Spruch beziehe sich auf vergewaltigende Soldaten und nicht auf Opfer von Vergewaltigungen? Letzteres scheint mir viel näher zu liegen. Und zwar, weil die Vorstellung, Vergewaltigungen könnten für den Täter „unvermeidlich“ sein, mir absurd erscheint. taz Forum

„Enjoy and relax.“ Als Opfer von Missbrauch und Vergewaltigung möchte ich jetzt kotzen. Oder auf etwas einschlagen. Bevorzugt auf die cojones dieses Herrn. Und selbstverständlich wird er mit vollen Bezügen pensioniert. Somit für solche haarsträubenden Aussagen auch noch belohnt. Vergewaltigung als Kriegstaktik wird übrigens schon seit Jahrhunderten von Soldaten und ihren Befehlshabern eingesetzt. Sie wissen, dass es kaum ein „probateres“ Mittel gibt, um eine Bevölkerung zu demoralisieren und traumatisieren. taz Forum

„Neuerdings sind Sachen wieder sagbar, die in einer aufgeklärten Gesellschaft, in der Menschenrechte geachtet werden, überwunden schienen. Nichts da. Es ist so bitter.“ Dieses Textzitat fasst das ganze Ausmaß der gegenwärtigen gesellschaftlichen Lage perfekt zusammen. taz Forum

Man kann Soldaten mit den richtigen Maßnahmen sehr wohl von massenhaften Vergewaltigungen, Lynchaktionen und Plünderungen zurückhalten, wenn man die Truppe im Griff hat. taz Forum

Im Zweiten Weltkrieg

„Es hat Jahrzehnte gedauert, bis nach 1945 aussprechbar war, dass im Zweiten Weltkrieg massenhaft vergewaltigt wurde. Die Wehrmacht hat vergewaltigt, die Rote Armee hat vergewaltigt, die japanische Armee hat vergewaltigt.“ Bitte nicht verschweigen: Auch die US-Armee hat vergewaltigt! taz Forum

Auch meine Mutter wurde 1945 von einem Besatzer vergewaltigt. Sie solle sich nicht wehren, dann sei es schnell vorbei. Das wurde dann auch kollektiv so gemacht: „Das ist eben so im Krieg“.

Femizide, Bandengewalt, Gewalt auf Demos und bei Fußballspielen, Gewalt gegen Kinder, Frauen und Männer … Manchmal denke ich, dass die Gewalt einfach männlich ist. taz Forum

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