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wortwechselIst die Wehrpflicht ein autoritärer Reflex?

Wehrpflicht ist die Selbstvergewisserung paternalistischer Vertreter in Deutschland, argwöhnen Leser. Welche Alternative gäbe es für AfD-Wähler nach einem Verbot?

So marschiert man wohl in Reih und Glied: Soldaten des Wachbataillon an der Julius-Leber-Kaserne Foto: Hannes P. Albert/dpa

Unfaire Bewertung

Sie ist noch da“,

wochentaz vom 29. 3.–4. 4. 25

„Weil Wirkung neben Sachverstand und Verhandlungsgeschick aber den politischen Erfolg definiert, sind die Bewertungsmaßstäbe weiterhin: offensichtlich unfair.“

Wie unfaire Bewertungsmaßstäbe subtil wirken, demonstrierte die Redaktion des „MoMa“ der ARD am 27. 3. um 6.43 Uhr im Interview zur Frauenquote, wo als Hintergrundbild ein Upskirtingfoto gezeigt wurde. Frauen sind eben einfach nur Stöckelschuhe und Beine – wo ist da „Leistung“? Und die Damen Merkel und von der Leyen sind sehr seltene, gut funktionierende Solitärfiguren einer machtgewohnten konservativen Partei. Das unterscheidet sie wesentlich von Frau Esken.

Elke Schilling, Berlin

Sammelbegriffe

Die dunkle Seite der Macht“,

wochentaz vom 5.–11. 4. 25

Die Bezeichnung vom „wir“ im Artikel als „der Linken“ regt mich auf. Ich mag mich nicht mit so einem Sammelbegriff identifizieren, auch wenn ich zu den Kreisen gehöre, die oft als links bezeichnet werden. Mir geht es um emanzipatorische Entwicklungen, die mal langsamer (konservativ), mal schneller (progressiv) von verschiedensten Menschen angegangen werden. Seit ich Oma gegen Rechts bin, stoßen mir diese Bezeichnungen besonders auf. Der Name der Omas ist nicht glücklich.

Als Studis der 1970er/1980er Jahre benannten wir die langweilig wirkenden konservativen Mitstudis flapsig als die „Rechten“ unter uns, heute erscheinen sie mir meist gleichen aufgeklärten Geistes, wollen deshalb aber nicht als links bezeichnet werden. Sie haben mehr Abstand zum Linkssein von damals, was durchaus Vorteile in der Diskussion mit sich bringt. Wir sollten uns gegenseitig integrieren, als HumanistInnen, Mitte, AntifaschistInnen, Demokratiebündnis?!

Conni Zeul, Großraum Frankfurt

Störfaktor Mensch

„Mehr Auszubildende in der Pflege“,

wochentaz vom 29. 3.–4. 4. 25

Ich habe 1980 eine Ausbildung in der Altenpflege absolviert. Mein Menschheitsbild wurde maßgeblich in dieser Zeit geprägt. Eine Zusammenlegung der Pflegeausbildungen ist fatal, die Tätigkeiten in Krankenpflege und Altenpflege unterscheiden sich grundlegend: Die Krankenpflege behandelt vorübergehend Menschen, der Schwerpunkt liegt in qualifiziert medizinischen Tätigkeiten. In der ursprünglichen Altenpflege wurde von einem ganzheitlichen Ansatz ausgegangen: Menschen wurden sowohl im häuslichen Umfeld wie auch im stationären Einrichtungen eine längere Lebensstrecke, häufig bis zum Tod, begleitet. Ein durchgehende Schwerpunkt der Arbeit war aber die Sozial­arbeit, das Miteinander.

Diese ganzheitliche Beziehungsarbeit ist passé, neben den examinierten Pflegekräften sind Hilfskräfte für die Essenszubereitung und -ausgabe, wieder andere für sonstige hauswirtschaftliche Belange und Sozialarbeiterinnen und -arbeiter fürs Seelenheil zuständig, demnächst sind mutmaßlich auch noch KI-gesteuerte Pflegeroboter im Einsatz. Statt einigen wenigen vertrauten An­sprech­part­ne­r*in­nen wuselt ein ganzes Team, und niemand ist wirklich zuständig, der alte Mensch stört in diesem System häufig die wirtschaftlichen Abläufe.

Heinz Kurtenbach, Much

Autoritärer Reflex

Wehrpflicht versus Berufsarmee“,

wochentaz vom 5.–11. 4. 25

Wenn Ältere lautstark die Wiedereinführung der Wehrpflicht fordern, ist das weniger ein Aufruf zum Gemeinsinn als ein autoritärer Reflex. Es wirkt wie paternalistisches Säbelrasseln – von denen, die selbst nicht mehr betroffen wären, aber sich an der Illusion von Ordnung, Disziplin und „guten alten Zeiten“ festklammern.

Getroffen wird eine Generation, die bereits mit multiplen Krisen kämpft: Klimawandel, unsichere Jobs, soziale Ungleichheit. Nach unten zu treten – auf die vermeintlich „bequeme“ oder „verweichlichte“ Jugend – gehört zu den letzten gesellschaftlich tolerierten Spielarten patriarchaler Selbstvergewisserung. Wer sich als alter, wohlhabender Mann noch wichtig fühlen will, verlangt Gehorsam statt Gerechtigkeit, Dienstpflicht statt Dialog.

Ice-T auf taz.de

@Ice-T:

Genau. Sie beschreiben es sehr gut, der Paternalismus war nie weg: „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ gilt nach wie vor auch in unserer Gesellschaft überdeutlich! Allerdings, wenn Sie die zunehmende Altersarmut mitberücksichtigen, dann stimmt Ihr Bild von Alte gegen Junge in keiner Weise!

Hannah Remark auf taz.de

Verbote

Wie man Rechtsextreme stoppt“,

wochentaz vom 5.–11. 4. 25

Als ehemalige Lehrerin habe ich da so meine Erfahrungen gemacht, dass ein Verbot eine Sache nur interessanter macht und der daraus resultierende Machtkampf aufreibend und oft sinnlos ist. der Machtkampf Eltern und Schüler gegen Lehrer, Lehrer gegen Eltern und Schüler hatte stets zum Ergebnis, dass keine der beiden Seiten irgendeine Art Sieg errungen hätte, im Gegenteil, die Positionen verfestigten sich.

Jemandem mit Verboten seine Über­zeugung austreiben zu wollen, führt meiner Meinung nach gerade bei der AfD ins Leere, denn welche wirkliche Alternative gäbe es denn dann, da ja tatsächlich eine ange­boten gehört, um den Verlust wettzumachen?

Die AfD argumentiert meiner Beobachtung nach nicht rational und faktenbasiert, sondern irrational und Fake-News-basiert. Fake News sprechen das Gefühl an, aber nicht die Ratio, auch die AfD spielt mit den Gefühlen von Menschen, die sich in der sie umgebenden Realität nicht mehr zurechtfinden, sich bei der AfD geborgen fühlen.

Ursel Grotz, Entringen

Faschismus in USA

Sie wussten, was sie tun“,

wochentaz vom 5.–11. 4. 25

Stärke muss nicht von Gewalt kommen. Sie kann aus gewaltfreiem Handeln entstehen – und dieses entschlossene, stets mutige Handeln führt eher zu einem Erfolg, auch zu einem langfristigen Erfolg. Marci Shore und viele andere in den USA und weltweit sollten sich mit dieser Tradition beschäftigen, die Strategien studieren und vor allem gewaltfreies Handeln trainieren. Um handlungsfähig zu sein, wenn sie in der Situation sind, dass eine Studierende verhaftet werden soll. Gewaltfreies Handeln ist eine Option neben einer vermeintlich geschlossenen Skala von Aufgeben bis Zurückschlagen.

Stefan Diefenbach-Trommer, Marburg

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