wortwechsel: Pause! Wechseljahre treffen alle Frauen – irgendwann
Nicht alle Frauen haben massive Beschwerden in den Wechseljahren. Ein Drittel durchlebt das Klimakterium beschwerdefrei, Millionen Frauen aber leiden körperlich und seelisch
„Die Menopause wird zu sehr problematisiert“. Die Union will die Versorgung von Frauen in den Wechseljahren ausbauen. Scharfe Kritik am Antrag kommt von Iris Hahn vom Arbeitskreis Frauengesundheit. Sie warnt vor Gefälligkeiten für die Pharmaindustrie“, taz vom 14. 1. 25
Hormone? Ja oder Nein?
Gesamtgesellschaftlich ist doch die Frage kritisch zu erörtern, warum die Wechseljahre sowohl in der medizinischen Ausbildung als auch in der Vergütung so stiefmütterlich behandelt werden.
Frauen, die sich für eine Hormonsubstitution entschieden haben, werden sehr schnell so dargestellt, als seien sie entweder einem Verjüngungswahn auf den Leim gegangen oder der Pharmaindustrie. Ein genaues Abwägen aller Risiken – auch jener, die damit verbunden sind, keine Hormone zu nehmen (wie Osteoporose, Arthrose und Herzerkrankungen) – sollte allen Frauen ermöglicht werden. Nicht nur jener Schicht von gut gebildeten Frauen, die im Zweifelsfall mehrere Hundert Euro für Privatbehandlungen bezahlen können. Es geht nicht in erster Linie darum, im Patriarchat weiter attraktiv und „on fire“ zu sein, sondern aufgeklärt und so gesund wie möglich. In diesem Sinne freue ich mich auf eure Extra-Ausgabe zum Frauentag am 8.3. 25. Christine Bangert
Die interviewte Ärztin ist in die völlig unzutreffende Ecke gedrängt worden, dass sie die Beschwerden von Frauen herunterspiele, also selbst frauenfeindlich agiere. Hier blieb der Dunst der Voreingenommenheit hängen, dass die Postmenopause eben ein schreckliches und unvermeidliches Schicksal von Frauen mit ihren defizitären Körpern sei, wofür doch unbedingt und sofort Abhilfe zu schaffen sei, am besten mit pharmakologischen Mitteln. Es wäre hilfreich gewesen, die biologisch ununterbrochen vorkommenden „östrogenfreien Phasen“ im Leben von Frauen zu benennen: drei Wochen in jedem Zyklus, und viele Monate lang beim Stillen. Und eben auch in den zyklusfreien Jahren der älteren Frau. Dann wäre klar geworden, dass der Begriff „Hormonmangel“ unzutreffend ist als Erklärung für die Beschwerden. Denn hormonfreie Zeiten gibt es während des ganzen Lebens jeder Frau. In Japan soll es noch nicht einmal ein Wort für „Wechseljahrsbeschwerden“ geben. Die Postmenopause ist für die meisten Frauen die beste Zeit des Lebens: kein Problem mit Perioden, kein Problem mit Verhütung, endlich Zeit für eigene Interessen, denn die Kinder sind flügge und frau stellt fest: Sex ist keineswegs schlechter, oft sogar deutlich besser als früher. Schade, keiner dieser Punkte wurde angeschnitten. Name ist der Redaktion bekannt
Vielen Dank an die Redaktion, dass dem Thema Wechseljahre so viel Platz eingeräumt wurde! Leider war die Interviewerin sehr auf die medikamentöse Behandlung von Wechseljahressymptomen fokussiert. Auch bioidentische Hormone sind Medikamente und keine harmlosen Lifestyle-Pillen. Für einen Teil der Frauen ist die Einnahme von Hormonen eine große Hilfe – aber so niedrig dosiert und so kurze Zeit wie möglich. Nicht mehr und nicht weniger! Auf die psychosozialen Belastungen, die nichts mit hormonellen Veränderungen zu tun haben, hat Frau Hahn in dem Interview dankenswerterweise hingewiesen. Das Klimakterium kann aber auch Chancen beinhalten: Die erhöhte körperliche und seelische Dünnhäutigkeit, die manche Frauen in dieser Zeit erleben, kann Anlass sein, vieles nicht mehr duldsam so hinzunehmen wie bisher. Antje Huster-Sinemillioglu, Dortmund
Gut, dass die taz mit diesem Interview auch einer kritischen Frauenärztin Raum gibt. Nicht nur einer pharmagesponserten Initiative, die die Beschwerden ausnutzt, um sie zu vermarkten. Neugierde auf das, was kommt – statt Angst davor: Das ist meine Devise. Bewusst auswählen, was zu mir passt, statt auf Heilsversprechen zu setzen. Beim nächsten Schweißausbruch mutig mit heißem Kopf das Fenster öffnen: „Ich brauche etwas kühle Luft, bin gerade in den Wechseljahren“ – statt sich schamvoll verbergen. Das wünsche ich mir als beratende Frauenärztin. Oft ist nicht der rote Kopf das Problem, sondern die Angst davor, das Verbergen und das verächtliche Lachen darüber. „Die Scham muss die Seite wechseln.“ Das gilt auch für die Wechseljahre. Es ist eine Zeit des Umbruchs und des Aufbruchs – aber keine Krankheit. Das sollten alle wissen.
Claudia Schumann-Doermer, Northeim
Es macht mich wütend, dass die Probleme, die mit der Phase der Wechseljahre einhergehen, heruntergespielt und so wenig erforscht werden. Die Antworten von Frau Dr. Hahn auf die gestellten Fragen habe ich größtenteils als sehr unsolidarisch mit dem eigenen Geschlecht und wenig empathisch empfunden. Vielleicht lag es aber auch an meiner persönlichen Befindlichkeit wegen perimenopausaler Beschwerden! Tanja Hiort, Seevetal
Das Interview lässt mich (Jahrgang 1963) verwundert zurück. Die Debatte ist überfällig und in keiner Weise „alarmistisch“. Es geht um 11 Millionen Frauen in Deutschland zwischen 40 und 59 und noch ein paar der 14 Millionen über 60. Ich finde es okay, die wirtschaftlichen Interessen bei Hormonen und Nahrungsergänzungsmitteln nicht außer Acht zu lassen, aber erschreckend, das Thema Wechseljahre politisch „abzumoderieren“. Es ist bestimmt toll für jede Frau, die ganz ohne Beschwerden bleibt, also das berühmte Drittel. Ich gehöre leider seit über 10 Jahren nicht dazu. Aber ich sehe mich nicht als „Opfer“, sondern als Betroffene des hormonellen Wechsels. Es ist wie Pubertät, nur rückwärts und länger. Mein früherer Arzt war mit der Aussage „Da müssen Sie durch!“ leider keine Hilfe. Ich habe vieles versucht und bin offen mit den äußeren Symptomen umgegangen. Am meisten hat mir aber geholfen, mit anderen Frauen und Ärztinnen zu reden, Podcasts zu hören oder Newsletter zu lesen. Ich bekam mehr Verständnis über die Prozesse in meinem Körper und habe dadurch meine Einstellung zur Hormontherapie geändert. Ich hätte, besser informiert, früher damit begonnen, und genau deshalb unterstütze ich die Idee einer nationalen Menopausen-Strategie.
Ellen Kray, Potsdam
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