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wortwechselFrauen jagen, einfangen – schlagen. Ein Männerfest

Polizei und Justiz ließen ihre männlichen Mitinsulaner beim Klaasohm-Fest „traditionell“ gewähren, jetzt aber soll Schluss sein mit dem alten Brauchtum, die Frauen zu verprügeln

Mit so einem Kuhhorn wurden die Frauen gejagt und auf den Hintern geschlagen beim Klaasohm-Fest der mit Masken und Fellen verkleideten Männer Foto: Lars Penning/dpa

„Nach Recherchen zum Klaasohm-Fest: Ab jetzt Party ohne Prügel. Künftig wird beim Borkumer Fest auf das Schlagen von Frauen verzichtet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen einen Täter und gegen die Polizei“, taz vom 6. 12. 24

Das ist Körperverletzung!

Hab mir selbst mal die Recherche Videos des NDR angesehen (www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama) Wenn es nur ein leichter symbolischer Schlag wäre, hätte ich da kein Problem mit. Das, was man da aber sieht, ist schockierend brutal. Das ist gefährliche Körperverletzung und gehört abgeschafft. Luftfahrer auf taz.de

Erst nach einem Shitstorm im Internet auf Kritik an dem Missbrauch auf Borkum zu regieren, wirft Fragen nicht nur an den Männerverein auf, sondern auch an all jene (Polizei, Justiz, Parteien, Vereine, Zivilgesellschaft), die bei dem Brauch zu- oder wegschauten, ihn jedenfalls kannten. Auch sollte diskutiert werden, inwieweit die Tatsache, dass Borkum weit vor den Nazis eine Hochburg des Antisemitismus war, eine Rolle spielen könnte. Eine jüdische Reisegruppe musste zum Beispiel separiert im Hotel essen. Hotel-Begründung: die Strömung der Zeit.

Lindenberg auf taz.de

Sind doch Männertage!

Staatsanwaltschaft ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung, weil auf Borkum ein zweifelhafter Brauch gepflegt wird. Lange nicht so gelacht. Bin mal gespannt, was in der Foltercausa in der Augsburger Justizvollzugsanstalt (JVA) rauskommt … das scheint ja auch ein alter Brauch zu sein … Bolzkopf auf taz.de

Wenn in Deutschland SM-Partys erlaubt sind, dann wird man wohl doch auch dieses Fest irgendwie rechtssicher organisieren können. FancyBeard auf taz.de

@FancyBeard Natürlich bleiben Taten, wo Männer ihr frauenhassendes Mütchen kühlen müssen, weiter verboten, vor allem wenn es eben ohne Einwilligung erfolgt. Bambus05 auf taz.de

Ein Hämatom-Festival …

Das ist ein mehr als unschönes Beispiel für antiquierte Brauchtumspflege und u­nangemessenen Umgang damit, beides gehört abgestellt und diese Praxis entsorgt.

Gleiches gilt für die Umtriebe auf Ameland, und anderen Orten, die hier keine Erwähnung finden. Serious? auf taz.de

Der Lila Podcast kritisierte den Klaasohm in einer Reihe weltweiter misogyner Bräuche bereits im Jahr 2019. Auf Borkum werden sie zu Nikolaus gejagt und verhauen. In Indien werden Frauen zwangsverheiratet, um nach einer Vergewaltigung ihre „Ehre“ wiederherzustellen, in Australien wird jungen Studentinnen in die Shampoo-Flasche onaniert. Quelle: Barbara Streidl, https://forum.eu/feminismus/wie-frauen-im-namen-von-traditionen-behandelt-werden

Name ist der Redaktion bekannt

Es ist und bleibt Gewalt

Als ich das erste Mal davon las, dachte ich, wieder ein „harmloser“ Brauch, der kaputt gemacht wird. Nachdem ich aber die (wenigen) Videos gesehen habe, die die Schläge zeigen und man wohl jegliche Videoaufnahmen zu verhindern versucht, sieht das nicht mehr harmlos und spaßig aus. Ich verstehe die Borkumer nicht, die ihre Mädchen dem aussetzen. Meine Tochter wollte ich da nicht hinschicken – da dies keine „Neckerei“ oder ähnliches ist, sondern Gewalt. Strolch auf taz.de

@Strolch: Mir ging es genauso. Ich dachte, da übertreibt man mal wieder etwas mit der politischen Korrektheit. Aber zu sehen, wie dort geschlagen wird … Mehrfach mit voller Kraft und danach dasselbe noch mal von den andern Männern. Und das auch noch mit einem festen Gegenstand. Wie man auch nur ansatzweise auf die Idee kommen konnte, dass das akzeptabel sein könnte, verschließt sich mir.

Helene10 auf taz.de

@Helene10 Bereits Ende des 19. Jahrhunderts kam es auf Borkum zu Beleidigungen und Verfolgungen jüdischer Gäste, teilweise auch von Personen, die lediglich für jüdisch gehalten wurden. 1897 hob ein Inselführer als Vorzug der Insel hervor, dass diese „judenrein“ sei. Als jüdische Gäste in einem Hotel an einem abgesonderten Tisch speisen mussten, sagte der Wirt zu ihnen: Er könne nichts dagegen machen, es sei „die Strömung der Zeit“. (Quelle: Verein zur Abwehr des Antisemitismus). Liegt es also an der „Strömung der Zeit“, dass ein zutiefst frauenfeindlicher Brauch auf Borkum kein Handeln der Borkumer Parteien, Sportvereine, Polizei, der Feuerwehr und Kurgäste hervorrief?

Lindenberg auf taz.de

@Lindenberg Ja, da muss man sich schon wundern, vor allem darüber, dass anscheinend viele Frauen internalisiert zu haben scheinen, dass es völlig in Ordnung ist, wenn man sie selbst, ihre Schwestern, Freundinnen und Töchter schlägt. Besonders schockierend: Die Burschen ziehen richtig durch, das sieht man im Film. Und wenn eine die ganze Woche lang humpelt, sind sie auch noch besonders stolz! Da muss man jetzt nichts mehr dazu sagen, oder? Helene10 auf taz.de

Ist doch ganz normal …

Als ich neu in Baden war, musste ich zu meinem Erstaunen feststellen, dass einige Hexenzünfte bei einem Fasnetumzug auf kleinen Wagen diese Verpackungshilfen für Weihnachtsbäume mitführten. Der Zweck wurde schnell klar. Hexen (hier heißt das: Kerle in Hexentracht) fingen junge Frauen und Mädchen und stopften sie in das Gerät, um sie in Netze zu verpacken. Das Erstaunliche daran? Meine Kolleginnen fanden das ganz normal … Warum_denkt_keiner-nach auf taz.de

@warum_denkt_keiner_nach Eine gruselige Maske ist bei der Hexentracht Bestandteil des Kostüms. Sprich, man kann später nicht mal sagen, wer es war … Fairerweise: es sind wenige Menschen, die dies so ausnutzen. Aber die wenigen machen den Spaß kaputt und da müssten die Veranstalter drauf reagieren, aber wie Helene10 sagte, dann ist man „die Spaßbremse“. Strolch auf taz.de

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