wortwechsel: 1933 und 2024? Die USA sind nicht Deutschland, aber …
Wie sehr ähneln die politischen Verhältnisse von 1933 den heutigen von 2024? Welche berechtigten Warnungen vor den Folgen faschistischer Herrschaft enthält der Vergleich?
„1933 lässt grüßen. Trumps Wiederwahl erinnert an 1933. Die Gleichgültigkeit der Anderen ließ die Nazis damals gewähren. Sie darf sich jetzt nicht wiederholen“, wochentaz vom 30. 11. 24
Trump und die Nazis
Die Traurigkeit eines eher als Optimist bekannten Essayisten stimmt mich ratlos: Wie nur können wir gegen Menschenfeinde aufstehen und uns wehren, wenn uns die Ohnmacht und Wut angesichts eines demokratisch legitimierten Verbrechers und Rechtsverdrehers den Blick verschleiert? Donald Trump ist ein typisches Produkt unserer Zeit. Die Produzenten sitzen überall: Elon Musk ist nur einer von vielen, aber der reichste von allen. Unzählige Menschen versprachen sich als Wähler Vorteile und versprechen sich nun als Gefolgschaft und beflissene Claqueure noch viel mehr. Dass sie und andere von den inthronisierten Menschenfeinden vernichtet werden könnten, sehen sie nicht. Roswitha Halverscheid!, Frankreich
Wenn denn mit neuem Kanzler eine weitere Migrationsverschärfung kommt, wird es selbst für unsere Freunde aus den USA schwierig werden, bei uns in Europa vor der trumpschen Racheverfolgung Zuflucht zu finden, denn vorerst werden sie nicht als politische Verfolgte kategorisiert; der menschliche Aspekt ist schon lange abhanden gekommen.
Der neuere Sieg der Nationalisten ist gebaut auf Kapitalismus, Lüge und Ausbeutung und nicht auf zerstörerischem Krieg. Daher wird er gerade gegenüber uns „kommerzsüchtigen“ Verbrauchenden erfolgreich sein. Das wirkt bereits in der Klimakatastrophe. Es wird sich viel verändern und eine überwältigenden Anstrengung nötig sein, bis der nationale Wahnsinn in Ost, West, Nord und Süd in seine Grenzen zurückverwiesen ist.
Sonnenhaus auf taz.de
Der Markt und der Staat
Man sollte die 20 Jahre vor 1933 Revue passieren lassen, die Berichte gerade der deutschen Chronisten. Es gab die Urkatastrophe des Ersten Weltkriegs, bürgerkriegsähnliche Zustände danach, die Verarmung der Mittelschichten in der Hyperinflation und schließlich Massenelend in der Weltwirtschaftskrise. Eine Entwurzelung und Zerstörung von Gesellschaft, die heute keine Parallelen findet – solange kein Krieg ist. Der Krieg ist das Urübel gewesen, das letztlich auch Hitler an die Macht brachte. Kohlrabi auf taz.de
Harald Welzers Analyse finde ich überzeugend und pointiert. Bis auf eine Ausnahme: Seine Annahme, dass die FDP zukünftig eh niemand mehr wählen wird. Mit der FDP verhält es sich ähnlich wie mit Trump – auch Trump wurde zum Teil gewählt, weil er tickt wie er tickt und nicht obwohl er tickt wie er tickt.
Günther Janssen Nürnberg
Das Grundproblem dieses Essays ist die Mentalitätsgleichsetzung der US-amerikanischen Bevölkerung mit der deutschen Bevölkerung. Dieser Vergleich hält nicht stand. Allein aus Systemgründen sind für den US-Bürger andere Kriterien maßgeblich. Wer diese Erwartungen erfüllt, bekommt Zuspruch. In den USA richtet es der Markt, nicht der Staat, und im Zweifelsfall positionieren sich Amerikaner auch gerne einmal gegen den Staat und haben auch weniger Hemmungen, dabei zu rabiateren Methoden zu greifen.
Sam Spade auf taz.de
@Sam Spade Im Gegensatz zu Ihnen glaube ich, dass Harald Welzer mit seinem Pessimismus recht hat. Verfassungen sind nicht mehr als Spielregeln. Wer sie brechen will, kann es solange tun, wie ihm keiner in den Arm fallen kann oder will. Es gibt keine vernünftige Grundlage für den Glauben, dass die amerikanische Verfassung dieser Vergewaltigung auf Dauer standhalten kann. Die Executive Orders sind das Einfallstor, über welche das demokratische System nach und nach ausgehebelt werden kann, so wie es bei uns die Notverordnungen waren. Die Blöße des offenen Verfassungsbruchs werden sich die Trumpisten wohl nicht geben. Allerdings werden die Wahlen in bürgerkriegsähnlicher Atmosphäre, mit allen Tricks kapitalistischer Kontrolle von praktisch gleichgeschalteten Medien wohl keine große Rolle mehr spielen. Hedele auf taz.de
Eine neue Bewegung?
Wenn in den Ländern mit Atomwaffen die Wahnsinnigen an die Macht kommen, dann lässt sich nicht viel dagegen machen. GM auf taz.de
„Am 6. November 2024 war nun mal wirklich Zeitenwende, und es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass ausgerechnet an diesem Tag die deutsche Bundesregierung den Löffel abgegeben hat.“ Ein wunderbares Beispiel dafür, dass Zufälle nur Zusammentreffen von Notwendigkeiten wären. Wir müssten froh sein, die Chance zu einem administrativen Neubeginn bekommen zu haben, werden sie aber nicht nutzen. So gehen wir die größten Herausforderungen der letzten 110 Jahre mit Leuten an, die besser Rentenanträge stellen als sich auf politische Ämter bewerben sollten. Dtx auf taz.de
Großen Dank für Ihren erhellenden Artikel und die notwendige Schlussfolgerung, dass es dringend eine erstarkende zivilgesellschaftliche Bewegung zur Unterstützung und Rettung unserer Demokratie und Rechtsstaatlichkeit braucht, anstatt als verzweifelnde, sich hilflos fühlende Bürger in die vertraute Normalität zu flüchten. Man muss immer wieder staunen, wie Greta Thunberg als einzelnes Menschenkind mit einem Pappschild zum Anstoß für eine kraftvolle weltweite und konstruktive Bewegung wurde. Ob sie das Momentum spürte oder umgekehrt das Momentum sie zum „Werkzeug“ machte, ist letztlich egal.
Dieser Essay erhellt mit grellem Licht die Notwendigkeit einer solchen Bewegung. Eine nach dem Schneeballmodell schnell größer werdende Gruppe prominenter Menschen könnte der große Schneeball sein, der zur gesellschaftlichen Lawine und damit politisch bedeutsam und wirksam wird. Sie und andere sind jetzt als bewegte Beweger gefragt!
Eberhard Rumpf, Burgdorf
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