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wortwechselHat die Waldorfschule eine Frau Lea verdient? Krass!

Eine taz-Kolumne spaltet die Leserschaft: „Exit Waldorf“. Die Autorin: Frau Lea. Ist das Bashing oder kluge Aufarbeitung einer erlittenen Schulzeit im Anthroposophenreich?

„Mangelhafte Bildung: Von der Waldorf- zur Regelschule. Waldorfschulen sagen, man könne dort alle Abschlüsse erlangen. Doch Schulwechsel machen Lücken erkennbar“, taz vom 26. 3. 24

Kuschelpädagogik?

Die Mär von der persönlichkeitsfördernden Waldorfschule muss entzaubert werden! Die Schubladisierung von Menschen in die Jahrsiebtlehre und die vier Persönlichkeitstypen, alles Teile der sogenannten „Waldorfpädagogik“, hat nichts mit dem wissenschaftlichen Stand noch mit individueller Förderung zu tun. Wenn dann noch der Karmakäse dazukommt – das Kind muss für die Verfehlungen in einem früheren Leben gerade stehen –, wird es absurd und gefährlich. Fachlich überforderte, 8 Jahre eine Klasse begleitende, dabei alle Fächer unterrichtende „Erziehungskünstler“, wie sie sich trotz mangelhafter Ausbildung bezeichnen, können all das gar nicht leisten. Dass es da zur Gewalt von Waldorflehrern gleich welcher Art kommt, ist folgerichtig, Da ist es dann vorbei mit der Kuschelpädagogik und der von ihnen postulierten „individuellen Förderung“, die bei Klassenstärken von bis zu 40 Schülern gar nicht möglich ist. Information tut not. Dafür ein herzlicher Dank an Frau Lea! Berndt Klinke

Langsam finde ich es als langjähriger taz Leser peinlich, die Artikel von Frau Lea über Waldorfschulen zu lesen. Seit wann pflegt die taz einseitigen Stellungnahmen, gar aus subjektiver Betroffenheit, Monat für Monat Raum zu geben? Genauso gut wäre eine Artikelreihe von begeisterten Ex­wal­dorf­schü­le­r*in­nen – die gibt es nämlich auch! – auf Dauer schwer zu ertragen. Es geht doch um einen kritischen Diskurs und nicht um einseitige Darstellungen oder gar öffentliche Abarbeitung von persönlichen Erfahrungen.

Christian Eichhorn, Trochtelfingen

Was wird aus „Waldis“?

Vielleicht sollte Frau Lea mal recherchieren, was aus ehemaligen Wal­d­of­schü­le­r*in­nen so „geworden“ ist? Ich habe dort sehr viel Nützliches gelernt und – „Gott sei dank!“ – vieles Unwichtige nicht. Das eigene Leben und Projekte selbst, und zwar individuell und nicht nach irgendwelchen Moden oder Trends, zu gestalten, ist eine Fähigkeit von Waldis. Immer alles perfekt machen zu wollen, das bringt uns nicht weiter und setzt nur unnötig unter Druck – und den habe ich auf der Waldorfschule nicht erlebt. Im Gegensatz zur Arbeitswelt. Marc Seeger

Ich finde die taz super, nur das ständige Waldorf-Bashing nervt. Nicht jede Waldorfschule ist gleich, nicht jede Waldorfschule ist kacke. Ihr vermittelt eine einseitige Sicht in diesem Thema. Es gibt positive und negative Dinge darüber zu berichten. Ich, als sehr weit politisch links orientierte Sozialarbeiterin, bin unglaublich glücklich über den Waldorfkindergarten, in den unsere Tochter geht. Dort arbeiten tolle Erzieherinnen.

Ich kenne tolle Waldorfpädagogen und ich kenne Regelschullehrer, die ihre eigenen Kinder lieber auf Waldorfschulen schicken. Lieber eine achtsame und ganzheitliche Pädagogik als ein überfüllter katholischer Kindergarten oder eine Schule, wo die Lehrer alle keinen Bock mehr haben. Letztendlich muss das jeder selbst entscheiden, aber für meine erzkonservative Mutter wären eure Anti-Waldorf-Artikel ein gefundenes Fressen, über jede andersartige Pädagogik zu schimpfen.

Stefanie Staiger

Als Physiker, der früher selber eine Waldorfschule besucht hat, kann ich aus eigener Erfahrung schildern, dass die Bedeutung der fachlichen Inhalte an Schulen von Eltern häufig überschätzt wird: aus wissenschaftlicher Sicht ist das Niveau des Abiturs – wohlwollend betrachtet – nicht mehr als ein kleiner Anfang, der hoffentlich Interesse bei den Schülern weckt. Die inhaltliche Voraussetzung für den Start eines Studiums ist im Vergleich zu anderen Eigenschaften weniger bedeutend. Das dauerhafte Interesse an der Sache sowie die Fähigkeit, die eigenen Grenzen zu verschieben, sind langfristig entscheidender für den Verlauf des Studiums. Gerade in diesen Punkten hat die Waldorfschule aus meiner Sicht ein überzeugendes Konzept zu bieten. L. Lemke

„Ein Gebet als Morgenspruch. In Waldorfschulen müssen Schüler_innen jeden morgen beten. Nur nennt sich das nicht so. Dieser Trick ist auch bei Sekten üblich“, taz vom 27. 2. 24

„Es gibt viele Tricks …“

Solche Kalendersprüche rezitieren zu müssen, finden nicht nur 14-Jährige, sondern hoffentlich alle Erwachsenen komisch, die noch alle Nadeln an der Tanne haben. Angelika70 auf taz.de

Ja, genauso habe ich es dort erlebt! Nach außen werden Buzzwords verwendet – bedürfnisorientiert, kreativ –, dahinter stecken oft ganz andere Dinge als man so allgemein annimmt. „Das Kind darf eine Pause machen/zur Ruhe kommen“ – das war das Codewort für Bestrafung durch Isolation. Es gab viele Tricks, um eine harte, teils schwarze Pädagogik sanft und modern klingen zu lassen. Mir ist schon klar, dass sich jetzt viele Leser von der Kolumne angegriffen fühlen. Auch für mich war die Erkenntnis ein schmerzhafter Prozess. Halloichbinlisa auf taz.de

Waldorfschulen tun oft so progressiv und neutral, sind weltanschaulich jedoch sehr stark an die – esoterische und reaktionäre – Anthroposophie gebunden. Sie geben sich als pädagogisch wahnsinnig erfolgreich aus, dabei wird ausgeblendet, dass sie einfach eine hohe Anzahl an Akademikerkindern haben und die Elternschaft meist zahlungskräftig ist. Nachhilfe, Instrumentenunterricht und außerschulische Förderung sind somit kein Problem. Das verfälscht die Erfolgsstatistiken, es wird aber so getan, als ob es am pädagogischen Konzept selbst liegt.

Ich glaube, man nennt das Scheinheiligkeit. Dagegen sind eben sehr viele Leute allergisch. Danke Frau Lea. Danke taz. Schön, dass eine kritische Kolumne möglich ist – in einer Zeitung, die immerhin werbungstechnisch eigene Anthroposophie-Sonderseiten hat, also ihre Waldorf-Klientel bedient. Karla Columna auf taz.de

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