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wortwechselMehr Realpolitik statt Parteidoktrin runterbeten

Klientelopportunismus ist bei JungpolitikerInnen aller Parteien spürbar, argwöhnen taz-Leser. Kapitaldelikte im Polizeidienst sind mitnichten eine Frage des Gewissens

Streik

„Briefeseite“,

wochentaz vom 23.–29. 3. 24

Lieber Herr Kämpler, in unserem ­Wirtschaftssystem ist es leider erforderlich, Macht zu haben, um nicht unterdrückt zu werden. Die Arbeitgeber haben in der Regel viel Macht, damit die ­Arbeitnehmer nicht als Bettler auftreten müssen; und um nicht total ausgenutzt zu werden, müssen sie sich zusammentun.

Um einen berechtigten Anteil an dem Erwirtschafteten zu bekommen, ist es erforderlich, sich zusammenzuschließen. Die Arbeitnehmer müssen sich mit den Kol­le­g*in­nen zusammentun, um ein gerechtes Einkommen zu erhalten, und um nicht ausgenutzt zu werden, ist die Lösung, einer Gewerkschaft beizutreten. Die Arbeitnehmer werden nie, mit ihren Forderungen das Unternehmen ruinieren, denn dann hätten sie nicht nur keine ­Gehaltserhöhung, sondern auch keinen Arbeitsplatz mehr.

Günter Lübcke, Hamburg

Nur Indizien?

„Sein Name war Rose“,

wochentaz vom 30. 3.–5. 4. 24

Nach 26 Jahren noch was nachzuweisen wird schwer werden. Wenn ich nichts vergessen habe, sind es vier Punkte, die den Verdacht auf Polizisten lenken: der Abdruck, der zu dem Schlagstock passen könnte, die durch die Wand gehörten Aussagen und die zeitlich nicht passenden und möglicherweise nachträglich veränderten Protokolle und eine verlorene Liste mit Log-in-Daten. Darauf eine Verurteilung stützen? Ich weiß nicht. Vor allem: Der Artikel müsste, wäre er objektiv, genauer auflisten, was gegen den Verdacht spricht. So bleibt das flaue Gefühl: man möchte ein bestimmtes Ergebnis und sucht dafür nach Indizien, lässt aber alle anderen Möglichkeiten außer Betracht.

Strolch auf taz.de

Gewissen?

„Sein Name war Rose“,

wochentaz vom 30. 3.–5. 4. 24

Ich denke, ich lese nicht richtig?? Da wird der pensionierte Polizist Michael N. zitiert mit „wenn da etwas vorgefallen (ist), das müssen die Kollegen ja mit sich ausmachen, mit ihrem Gewissen“. Bei einem mutmaßlichen Kapitaldelikt im Dienst? Müssen das die Kollegen „mit ihrem Gewissen ausmachen“? Als Ex-Polizist muss ich kotzen. Nach dieser „Logik“ könnte man jegliche Strafverfolgung sofort einstellen. Dann müssen eben auch alle Verbrecher künftig Mord und Totschlag nur noch „mit ihrem Gewissen ausmachen“.

Rolf Brombach, Burscheid

Demografischer Wandel

„Zu viele Krisen“,

wochentaz vom 23.–29. 3. 24

Simone Schmollack zieht in Betracht, dass es sich bei den schwachen Geburtenraten um ein temporäres Problem handelt, und empfiehlt Maßnahmen, die insbesondere die Berufstätigkeit von Fachkräften ermöglichen. Die Bewältigung des demo­grafischen Wandels muss als Voraussetzung für den Bestand unseres Sozialstaats und damit der Demokratie angesehen werden, ergo ist jegliche Thematisierung zu begrüßen.

Dagegen, Hoffnung zu verbreiten, sprechen aber die Fakten: Da sich danach bekanntermaßen nichts mehr ändert, analysiert das Bund-Länder-Demografie-Portal seit vielen Jahren die Kinderzahl von Frauen nach der Menopause. Diese geht nachhaltig zurück. Zu Kinderzahlen schreibt dieselbe Quelle: „Immer mehr Frauen sind kinderlos, insbesondere in Städten ist ihr Anteil hoch. Kinderreich sind vor allem Frauen mit niedriger Bildung“. Unter Berücksichtigung der im internationalen Maßstab sehr geringen Bildungsdurchlässigkeit ist eine Diskussion über die numerische Geburtenrate pro Frau damit im Hinblick auf die Rentensysteme quasi obsolet. Die beschriebene Asymmetrie hat jedoch unmittelbar negative Auswirkungen auf die berufliche Qualifikation, die Höhe der Erwerbseinkünfte und damit die Rentenkasse.

Michael Kaps, Aachen

Solarindustrie

„Regiert von ideologischen Toten­gräbern“,

wochentaz vom 30. 3.–5. 4. 24

Es wird noch lange dauern, bis wir für E-Autos genügend grünen Strom haben. ­Gerade deshalb müsste die heimische Solarindustrie auf Teufel komm raus gefördert werden und, wie der Autor sagt, gerade nicht die Produktion von Batterien zum Antrieb der E-Autos. Wir brauchen aber dringend stationäre Batterien für die Zwischenspeicherung des nur unregelmäßig gewinnbaren Solarstroms. Unsere Solarindustrie muss diesmal mit Schutzzöllen geschützt werden. Die Notwendigkeit, auf die weltweite Produktion von umweltbelastenden Proukten zu verzichten, macht ohnehin eine wesentlich weiter gehende Einführung von Schutzzöllen erforderlich. Alfred Mayer, München

Keine neuen Ideen

„Was können wir uns noch leisten?“,

wochentaz vom 30. 3.–5. 4. 24

Die Diskussion der Vorsitzenden der Jugendverbände von CDU/CSU, SPD und Grünen bei der taz brachte keine einzige neue oder auch nur ergänzende Idee zu den bekannten Positionen der Mutter­organisationen, nicht einmal eine Annäherung im politischen Gespräch untereinander. Johannes, der CDUler, lebt in der chancenreichsten Zeit, die wir je hatten, hält die Renten für nicht finanzierbar, erwartet den Lebensstandard zu halten, ja auszubauen. Der Juso Philipp beklagt schlechte Aufstiegschancen in Deutschland, und die Grüne Svenja bewegt die Entscheidung, Kinder in diese kaputte Welt zu setzen. Die sich ständig verändernde Welt zu gestalten wird nicht angesprochen, sondern „Was können wir uns noch leisten?“ diskutiert. Eine ent­täuschende Veranstaltung. Klaus Warzecha, Wiesbaden

Realpolitik

„Was können wir uns noch leisten?“,

wochentaz vom 30. 3. – 5. 4. 24

In dem Gespräch wäre es gar nicht nötig gewesen, die Parteizugehörigkeit der Teilnehmer: innen zu erwähnen. Aus den Interviewantworten lässt sich problemlos auf die Parteizugehörigkeit schließen. Es ist total nervig, dass die Politiker fast ausnahmslos Sprachrohr ihrer Parteidoktrinen sind und fleißig Klientel Opportunismus betreiben. Die Unkenntnis über die realen Probleme der Bevölkerung liegt meiner Meinung auch daran, dass überwiegend Akademiker, Juristen und Lehrer im Parlament sitzen, die in der Regel wenig Zeit mit werktätigen Arbeitnehmer: Innen verbringen. Ziel sollte es sein, dass die Parteien gemeinsam das Wohl aller Bevölkerungsschichten fördern und strategisch langfristig ihre Entscheidungen zum Wohl aller planen sollten. Die kurzsichtige Fixierung auf Wahltermine ist da kontraproduktiv. Claus Kretzschmar

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