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wortwechselPreißn und Bayern: Nicht überall ist Hofbräuhaus

Die Bayern wehren sich gegen die Vorwürfe, es gäbe zu viel Fleisch und unfreundliche Menschen. Ber­li­ne­r*in­nen sind auch nicht gerade nicht für Freundlichkeit bekannt

„Blasse Würste, Kälberfüße und Stierhoden“, „Schönes Dorf, dunkle Kapitel(Thema „Bayern“)

taz vom 29. 9. 23

Stierhoden

Liebe Frau Schmollack, ich weiß ja nicht, wann und wo Sie in Bayern beim Essen waren. Die Restaurants, in denen Ihnen Stierhoden angedient wurden, müssen Sie mir nennen. Die habe ich noch nirgendwo in meinem Heinatland auf einer Speisenkarte gesehen (waren Sie auf einem merkwürdigen Junggesellenabschied?) und auch beim Metzger müsste man diese wohl extra vorbestellen.

Näher will ich da gar nicht auf das ­Speisenabgebot eingehen. Ach ja, doch: Kässpatzen, Pfannkuchen, Apfel- und ­Hollerküchle, Quarkauflauf – gibt’s alles bei uns. Ihr vernichtendes Urteil über das ­Bedienungspersonal in der Gastronomie unseres Bundeslandes ist zudem platt verallgemeinernd. Den einen oder anderen Grantlhuber gibt es überall.

Helene Geim, Hahnbach

Libertas und Liberalitas

Obacht mit dem Latein! Andreas Rüttenauaer schreibt: „Bei diesen Auftritten beschwört der Ministerpräsident gerne die Liberalitas Bavariae, eine besondere Art der Freiheits­liebe, die typisch für Bayern sein soll. Damit die einen, im besten Falle die Normalen, diese Freiheit ausleben können, müssen andere schon mal weggesperrt werden. Sie werden dann präventiv in Gewahrsam genommen.“ So weit kommt das schön kritisch.

Es hakt aber bei der Begrifflichkeit: Freiheit (dt) = libertas (lat). Liberalitas (lat) = edle Gesinnung, Freigebigkeit (dt). Zur Freigebigkeit siehe „Länderfinanzausgleich“.

Zum Latein siehe „Der kleine Stowasser“, Lat.-dt. Schulwörterbuch, das ich bei Lektüre des Artikels nach Jahrzehnten mal wieder aus dem Regal gezogen habe.

Martin Baumgärtel, Berlin

Hofbräuhaus

Sehr geehrte Frau Schmollack, wahrscheinlich waren Sie in München im Hofbräuhaus oder einem ähnlichen Wirtshaus, da wird man tatsächlich so bedient, wie Sie es beschreiben.

Meiner Meinung nach werden da nur Bedienungen eingestellt, die „freundlich“ nicht können. Soll anscheinend zur Folklore gehören?

Ansonsten kann man sich hier in ­Bayern sehr gut vegetarisch und auch vegan ernähren, ist kein Problem. Freundliches Servicepersonal ist meiner Erfahrung nach die ­Regel. Ich gehe auch einfach nicht mehr in Gasthäuser, wenn ich nicht höflich behandelt werde.

Konrad Pickel, Reitmehring

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Touristen reduzieren

Liebe taz-Redaktion, vielen Dank für die objektive Berichterstattung über Bayern in der heutigen Ausgabe. Explizit der Beitrag von Frau Schmollack könnte helfen die Unmengen von Touristen zu reduzieren. Vielen Dank!:)

… oder war es Satire und nur ich hab’s wieder mal nicht verstanden?

Konrad Kleehaupt, Regensburg

Jüdische Erinnerung in Bayern

Ein Jahr bevor der Vater eines Mitschülers als letzter in der Sowjetunion verurteilter Soldat am Kriegerdenkmal feierlich empfangen wurde, erinnere ich Gespräche darüber, ob im Krieg umgekommene Soldaten der Familien der nach dem Krieg im Ort wohnenden Flüchtlinge namentlich in Stein gemeißelt auf dem Kriegerdenkmal aufgeführt werden sollten oder nur die „Einheimischen“.

Sollte ich den Ort noch einmal besuchen, in dem ich aufgewachsen bin, werde ich den Ausgang dieser Diskussion am Denkmal überprüfen. Im Ersten Weltkrieg gab es nur eine jüdische Familie im Ort, aber keinen jüdischen Soldaten. Erst in der 9. Klasse habe ich erfahren, dass zwei Familien im Ort gewohnt hatten und im Osten ermordet wurden. Ihr Wohnhaus wurde im Februar 1945 (!) von den Behörden einem deutschen Fotografen überschrieben, der dort 1943 eingezogen war.

Peter Lock, Hamburg

Berliner Freundlichkeit I

„Das bayerische Bedienpersonal ist zwar auch bei Einheimischen bekannt für seine Unfreundlichkeit und Hektik, mit der die Fleischplatten, zack, zack, auf die Tische geknallt werden. Kein „Bitteschön“, kein „Lassen Sie es sich schmecken“, nur ein gebelltes „An Guad’n“.“

--> Ein „bold-statement“ für eine Tageszeitung aus Berlin. Schließlich ist die Berliner Freundlichkeit und diplomatisch gepflegte Ausdrucksweise in der ganzen Welt bekannt und berühmt. Man fragt sich deshalb ja auch immer, warum es „Berliner Schnauze“ und nicht „Berliner Samtmündchen“ heißt. Kriebs auf taz.de

Berliner Freundlichkeit II

Bzgl. der Freundlichkeit gegenüber dem „falschen“ Dialekt bzw. falschen Gourmet-Weltbild: Mit Verlaub, Frau Schmollack, wo ist jetzt der genaue Unterschied zwischen einer Berliner Kneipe bzw. einem angesagten Veggie-Restaurant in Berlin-Mitte und einem bayerischen Wirtshaus? Allenfalls der Breitengrad nach meiner Erfahrung.

Mit dem Unterschied, dass sich Berlin auch noch für eine kosmopolitische Metropole hält. Und bzgl. der zugegeben phantasielosen Fleischlastigkeit muss Frau Schmollack gar nicht so weit fahren, das ländliche Brandenburg und Meck-Pomm tun es genauso.

Ignaz Wrobel auf taz.de

Semmelnknödeln!!! – Hergottnochmal!

„… – Semmel ist die Einzahl, das mußt Ihnen merken, und Semmeln ist die Mehrzahl, das das sind also mehrere einzelne zusammen. Die Semmelnknödeln werden aus Semmeln gemacht, also aus mehreren Semmeln, du kannst nie aus einer Semmel Semmelnknödeln machen“

(Karl Valentin)

Artie Fischl auf taz.de

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