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wortwechselAmpel steht auf Grün für Ceta

Die Grünen enttäuschen mit ihrer Blitzratifizierung des Freihandelsabkommens Ceta, und mündige Bürger entscheiden situativ über einen Helm auf dem E-Bike, finden Leser

Deutsche Kriegsschuld

„Schuld und Nakba“, taz vom 13. 7. 22

Die deutsche Mitverantwortung für die Geschichte Palästinas kann man mit folgendem Gedankenexperiment verdeutlichen: Wie die siegreichen Alliierten den nach dem deutschen Angriffs- und Vernichtungskrieg überlebenden Polen und Tschechen deutsche Siedlungsgebiete in Schlesien und im Sudetenland unter Vertreibung der deutschsprachigen Einwohner übereignet haben, so hätten sie mit mindestens gleichem Recht den nach der Shoah überlebenden Juden (auch Sinti und Roma und anderen) bis dahin deutsche Siedlungsgebiete als neue Heimat zusprechen können. Und dort wäre dann ein jüdischer Staat entstanden. Wie bekannt, hat die Geschichte nicht diese Entwicklung genommen. Sie hätte immerhin den Vorzug gehabt, dass das für die Shoah verantwortliche deutsche Tätervolk die Hauptlast für die Entstehung eines jüdischen Staats hätte tragen müssen – und kein am Weltkrieg und Völkermord unbeteiligtes anderes Land. All das, was damals Deutschland an Opfern nicht leisten musste, weil diese Perspektive für die jüdische Staatsgründung nicht gewählt wurde, ist dann den Palästinensern ­abverlangt worden. Hansjuergen Otto, Oldenburg

Korruption durch Macht

„Ceta-Ratifizierung im Galopp“, taz vom 6. 7. 22

Die Grünen haben nicht nur ihre guten Argumente gegen Ceta „vergessen“, sie haben inzwischen alles hinter sich gelassen, wofür diese Partei einmal gegründet und gewählt wurde. Sie haben den Krieg im Rahmen des Kosovokonflikts wieder gesellschaftsfähig gemacht, sie waren an der größten Entsolidarisierung in der deutschen Gesellschaft – auch bekannt als Hartz IV – beteiligt, und folgerichtig sind sie nun an der größten Entdemokratisierung und Entmachtung der deutschen Gesellschaft (Ceta) beteiligt. Deutlicher kann man die Korruption durch Macht nicht sichtbar machen. Sie reihen sich damit nahtlos in den Reigen der anderen Parteien ein, die für nichts mehr stehen als den eigenen Machterhalt. Dass die Gesellschaft weniger politikverdrossen als vielmehr politikerInnenverdrossen ist, verdanken wir inzwischen zu einem Gutteil dieser Partei, die sich schämen würde, wäre sie dazu noch in der Lage. Dirk Heinen, Köln

Neoliberale Handschrift

„Der völlig unnötige Ceta-Galopp“, taz vom 9. 7. 22

Die Skepsis von Kai Schöneberg gegenüber der Ratifizierung des noch ausstehenden Teils des Ceta-Handelsabkommens mit Kanada hat ihre Berechtigung. Schließlich trägt gerade die Sondergerichtsbarkeit für Großkonzerne trotz einer Interpretationserklärung immer noch eine klassisch neoliberale Handschrift wie zu Beginn der Jahrtausendwende, wonach im Zweifel das Primat der Wirtschaft über die Politik und das Gemeinwohl gilt. Zudem erfordert ein glaubhafter Kampf gegen den Klimawandel eher eine Stärkung von lokalen und regionalen als von globalen Wirtschaftskreisläufen, da die Transportwege von Waren weiterhin mitentscheidend für den CO2-Ausstoß sind, selbst wenn in den Verträgen soziale und ökologische „Leitplanken“ vereinbart werden. Deshalb bedarf es hier eher eines generellen Paradigmenwechsels in Brüssel, damit die EU-Kommission von Ursula von der Leyen im schlimmsten Fall nicht selber eine Art von Greenwashing betreibt! Rasmus Ph. Helt, Hamburg

Mündige Bürger

„Schnelle Helmpflicht für E-Bikes“, taz vom 13. 7. 22

Ich bin mit Ihrem Vorschlag einer schnellen Helmpflicht für E-Bikes nicht einverstanden. Als mündiger Bürger entscheide ich von Fall zu Fall, ob ich zu meinem Schutz einen Helm aufsetzen möchte oder nicht. Bei Stadtfahrten eher ja, bei Radtouren auf dem Lande bei schönem Wetter eher nein. Acht Millionen Nutzer aber bei 141 tödlichen Unfällen zu zwingen, einen Helm zu tragen, grenzt für mich an unverhältnismäßige Überregulierung. Radfahrer schützen sich besser, und die Entscheidungen sollte man jedem selbst überlassen. Dirk Dechering, Datteln

Mit und ohne Helm

„Schnelle Helmpflicht für E-Bikes“, taz vom 13. 7. 22

Studien zeigen, dass Personen mit Helm teilweise riskanter fahren als ­Personen ohne Helm. Bei einer Helm­pflicht geht der Anteil der Fahrrad­fahrenden zurück. Verwundungen am Kopf sind bei Weitem nicht die häufigste Verletzung durch Radunfälle, viel häufiger sind Blessuren an Schultern, Armen und Hand­gelenken. Der Abstand beim Überholen von ­Fahrradfahrenden durch Kraftfahrzeuge ist geringer, wenn sie einen Helm tragen. Warum muss ich einen Helm tragen, wenn andere für die Gefährdung ver­antwortlich sind? Tempo 30 inner­städtisch flächendeckend mit nur wenigen Ausnahmen würde viel mehr bringen. Brigitte Aigner, Stuttgart

Deckel auf dem Kopf

„Schnelle Helmpflicht für E-Bikes“, taz vom 13. 7. 22

Ich persönlich fahre zu 99 Prozent mit Helm, deshalb würde mich die Pflicht nicht stören. Aber alle anderen, die ich kenne und die in ihrer Freizeit Fahrrad fahren, würden ihre gerade erworbenen Räder einmotten, wenn sie gezwungen wären, Helme zu tragen. Zum jetzigen(!) Zeitpunkt halte ich die Helmpflicht für falsch. Man sollte erst einmal abwarten, wie viele Freizeitradler tatsächlich auch fürs Pendeln oder für ihre Besorgungen, Verwandtenbesuche oder Arztgänge das Rad benutzen, bevor man es ihnen wieder vergällt. Man kann eine Einführung einer Helmpflicht für Räder auch nicht mit der Einführung der Gurtpflicht im Auto vergleichen. Auf das Auto waren und sind viele angewiesen, oder sie haben (leider) Benzin im Blut. Beim Rad ist es eher so, dass viele ein Auto haben und auf das Rad nicht angewiesen sind und sich deshalb wieder gegen das Rad entscheiden können. Zudem ist der Deckel auf dem Kopf bei den gerade herrschenden 30 Grad auch keine angenehme Sache. Anders als ein Gurt im klimatisierten Auto. Udo Siebrasse, Gelsenkirchen

Gesetze des Marktes

„Jetzt fehlt nur noch ein ­Energiepreisdeckel“, taz vom 12. 7. 22

Dass der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ein Gegner des Energiepreisdeckels ist, wundert mich nicht. Leiten lässt er sich nämlich von den brutalen Prinzipien der Marktwirtschaft. Und die funktioniert so: Wenn Güter knapp werden oder knapp gehalten werden, steigen die Preise. Die Marktteilnehmer, die diese nicht mehr zahlen können, scheiden aus dem Prozess der Preisbildung aus. Übrig bleiben einer oder wenige, die bereit oder in der Lage sind, die hohen Preise zu bezahlen (Preisausschluss). Und das ist keineswegs die einkommensschwache Bevölkerung. Die Kommentatorin hat völlig recht: Habecks Argumente sind zynisch – ein Preisdeckel würde die falschen Signale setzen und nicht mehr zum Energiesparen anhalten, behauptet Habeck. Also setzt der Markt die richtigen Signale? Peter Lessmann-Kieseyer, Köln

Hungerleid

„Immer mehr müssen hungern“, taz vom 12. 7. 22

Knapp eine Milliarde Menschen leidet Hunger. Hunger leiden in unseren Breiten ist in Grundzügen nur nachzuvollziehen, wenn ein Zahn schmerzt und nichts mehr geht. Es gibt jedoch immer noch eine Kartoffelsuppe oder ein Ei zu essen. Beim Hungerleiden gibt es das nicht, es gibt nichts, es gibt nichts zu essen, die Schränke und Laden und Läden sind leer. 100 Milliarden, 100 Milliarden und jährlich mehr für die Rüstung, 100 Milliarden und mehr für die Bundeswehr. Ich bin nicht in der Lage, mir dieses Unverständnis zu erklären. Wer vermag mir das zu erklären? Ulrike Dajcman, Bad Boll

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