piwik no script img

wortwechselZusage für Nord Stream 2Absage an grüne Zukunft

Palavert wird reichlich über den Klimawandel – gehandelt wird nach alter Dinosaurierart, mit wenig Verstand für die Zukunft und geschäftstüchtiger Ausbeutung der Erdgasvorkommen

„Umweltexperte zu Nord Stream 2: „Entweder Pipeline oder Klimaziele“. Als Brückenrohstoff für den Kohle- und Ölausstieg ist Erdgas nicht geeignet, sagt DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner“, taz vom 24. 7. 21

Geldgewinn garantiert

Den Streit um Nord Stream 2 habe ich nicht verstanden. Warum durfte Russland keine Gaspipeline durch die Ostsee leiten?

Weil uns die Regierung nicht gefällt – sonst aber, wenn es um das Geschäft geht, nicht auf das Regierungssystem geachtet wird?

Jedes souveräne Land kann und sollte doch selbst entscheiden, was wirtschaftlich die sicherste oder preiswerteste Entscheidung für ein Vorhaben ist.

Muss Russland weiterhin sein Gas durch die Ukraine als Transitland leiten, um der Ukraine zu helfen? Würde die USA etwa den teureren Transitweg nehmen, weil alles andere ein herber Verlust für die Ukraine wäre? Man kann den USA kaum abnehmen, dass sie den Druck auf die Bundesrepublik gegen den Bau von Nord Stream 2 aus reiner Solidarität mit der Ukraine ausübte beziehungsweise die Bundesrepublik vor einer Abhängigkeit von Russland schützen wollte.

Es war ein reines am Gewinn orientiertes wirtschaftliches Denken und Handeln. Die USA wollten ihre Frackingausbeute verkaufen, da mit Trump das Frackinggeschäft Erfolg versprach.

Deshalb war die Gegnerschaft der USA gegen Nord Stream 2 zu seiner Zeit viel größer. Günter Lübcke, Hamburg

Sabotage eingeplant?

Es spricht zwar niemand aus, aber alle Beteiligten wissen doch: sobald Nord Stream 2 in Betrieb ist, wird es einen Unfall, Sabotage oder einen Terroranschlag auf die ukrainische Pipeline geben – mit den bekannten Folgen für die Ukraine!

Richard Bätzing, Göttingen

Und womit heizen wir?

Fakt ist, Westeuropa bezieht schon heute große Mengen von russischem Erdgas über Transitländer wie die Ukraine. Dieser seien die Einnahmen daraus gegönnt, bedauerlich nur, dass der Löwenanteil in den Händen korrupter Eliten verbleibt.

Fakten sind auch, dass in Deutschland die Atomkraft ausläuft, Öl als Energielieferant zu Recht in Verruf geraten ist. Womit aber heizen wir, bis alle unsere Gebäude neue Energiestandards erreicht haben?

Kohle dürfte ausscheiden, Pellets in erforderlicher Menge erscheinen nicht praktikabel, Erdwärme hat spezielle Probleme; da ist Erdgas also nicht die schlechteste Möglichkeit.

Es sollte aber ein relativ umweltschonendes, fast komplettiertes Energietransportsystem, aufwendig und teuer, wegen skurriler, spitzfindiger Argumente kurz vor Fertigstellung gestoppt werden und unfertig vergammeln. Unfassbar.

Erwin Bosak, Schorndorf

Marode, alte Leitung?

Oft beklagte Gazprom sehr hohe Gasverluste bei der Durchleitung durch die Ukraine, vor allem wegen unterstellter illegaler Abnahmen.

Die Ukraine wehrte sich gegen diese Behauptungen. Glauben wir also der Ukraine, dann ist die alte Leitung marode; sehr klimaschädliches Methan geht unterwegs verloren.

Setzt man die ideologische russlandfeindliche Brille ab, so kann die versöhnliche Kompromisslösung nur heißen, nach Inbetriebnahme die – angeblich – nicht mehr benötigte Gaspipeline stillzulegen. Aus wirtschaftlich-technischer Sicht kann die Frage nur lauten: Braucht Europa noch die marode Gasleitung durch die Ukraine? Anders gefragt: Ab wann kann diese alte Leitung stillgelegt werden?

Jürgen Rudorf, Hennickendorf

Und taz.de schreibt …

Es sei daran erinnert, dass der Bau von Nord Stream 2 in einer Zeit begann, als es darum ging, die umweltschädlichen Energieträger Kohle und Erdöl durch das umweltfreundlichere Erdgas zu ersetzen.

Wäre Erdgas schon damals als umweltschädlich eingeordnet gewesen und hätten damals schon andere Energieträger anwendungsbereit zur Verfügung gestanden, wäre vermutlich Nord Stream 2 gar nicht erst begonnen worden.

Was die Investitionen der Industrie betrifft: Das haben wir doch schon durch – mit dem Ende der Atomenergie vor einigen Jahren.

Genau wie damals würde sich die Industrie Schadenersatz vor Gericht erstreiten. Hinzu kämen womöglich Vertragsstrafen gegenüber Russland. Ehrlicherweise hätte Herr Müller-Kraenner erwähnen sollen, dass auf die Steu­er­zah­le­r*in­nen einiges zukäme! Pfanni

Der PR-Verband „Zukunft Gas“ hat sich gerade damit durchgesetzt, dass LNG (Erdgas) betriebene Lkws von der Straßenmaut befreit werden sollen. Die Gaslobby verkauft den Scheiß als klimafreundliche Brückentechnologie. Nun, wen wundert's – der Verband verfügt über ein jährliches Budget von 10 Millionen Euro. Da wird wohl einiges davon als Parteispende seinen Weg finden – direkt oder indirekt.

M. D. Bichlmeier

@M. D. Bichlmeier Und wie bitte machen Sie Ihre Bude im Winter warm? Gas ist immer noch sauberer als Benzin und Diesel.

Hierse Friedemann

„Abschied von Angela Merkel: Im Wechselbad meiner Gefühle“, taz vom 23. 7. 21

„Merkel aber tütet, im Sinne der Union, lieber noch schnell Nord Stream 2 ein, bevor das in Koalitionsverhandlungen, eventuell mit einer grünen Partei, zum Problemfall werden könnte.“ Das haben Sie gut erkannt. Nachfolgeregierungen noch schnell ein Ei ins Nest zu legen, ist eine Spezialität der CDU.

Ich erinnere an den völlig überteuerten Rückkauf des Atomenergiekonzerns EnBW durch Stefan Mappus in Baden-Württemberg – mittels geheimer Absprachen am Parlament vorbei.

„Freiwillige Selbstverpflichtungen“ der Wirtschaft sind eine weitere CDU-Spezialität. Man gaukelt Politik vor, wohl wissend, dass so noch niemals irgendetwas bewirkt wurde. Das ist auch die Absicht dahinter. Daniel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen