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wortwechsel„Nach Ihnen, bitte!“Die gesunde Impfskepsis?

Gleich vier neue Impfstoffe in der Pharma-Pipeline? So schnell? Keine Sorge, alles getestet? Und schon „Immunitätsnachweis“ als Erlaubnisschein für öffentliche Ereignisse angedacht?

Kleine Spritze, große Wirkung: Hoffnung auf „Normalität“ im Alltag, aber auch Angst vor noch unbekannten Langzeitwirkungen der Impfstoffe gegen Covid-19 Foto: Sepp Spiegel/imago

„Vakzine im Rekordtempo: Die Impfung der Willigen“, taz vom 28. 11. 20

65 Prozent reichen?

Ich wünsche mir, dass die taz eine offene Debatte über all die verschiedenen wissenschaftlichen Meinungen führt und nicht so einseitig sich positioniert. Nicht jede/r, die/der sich nicht gegen Corona impfen lassen will, ist Impfgegner*in! Es gibt gute Gründe, dieser Impfung gegenüber skeptisch zu sein, egal ob es jetzt die von Biontech, AstraZeneca, Moderna oder Curevac wird. Wirkungen, Nebenwirkungen und Spätfolgen sind einfach nicht hinreichend untersucht, können es auch nicht sein in der kurzen Zeit. Nach Ihrer (Spahns) Aussage reichen ja 65 Prozent Durchimpfung, um die Pandemie erfolgreich zu bekämpfen. Wenn alle, die sich impfen lassen wollen, geschützt sind, muss man also auch nicht die, die das nicht wollen, vom gesellschaftlichen Leben ausschließen. Ich will keine Impfpflicht durch die Hintertür. Ich frage mich ernsthaft, wie viel Angst im schönen neuen taz-Haus grassiert. Mit herzlichem Gruß! Cornelia Blume, Tübingen

Nebenwirkung: Angst

„Möglich ist auch, dass eine Impfung Voraussetzung dafür wird, im nächsten Jahr Kinos, Fußballstadien, ein Restaurant oder Konzerte besuchen zu können.“ Da wird mir ganz anders. So eine massive Ausgrenzung von Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen. Das wäre diskriminierend und Gift für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Es geht hier nicht nur um demokratiefeindliche, impfgegnerische Betonköpfe. Es sind auch Menschen dabei, die ambivalent sind. Dann gibt es Menschen mit Ängsten, vielleicht sogar Angststörungen. Und die Ängste sind auch nicht völlig unbegründet. Auch wenn sie übertrieben sein mögen, gilt es, sie zu respektieren. Und wir sollten auch die „Betonköpfe“ nicht einfach abschreiben, sondern versuchen, sie wieder ins Boot zu holen. Zum Beispiel dadurch, dass es nicht nur keine Impfpflicht gibt, sondern auch keinen gesellschaftlichen Druck dazu. Dass es wirklich eine freiwillige Impfung ist, so wie es in einer freien Gesellschaft angemessen wäre. Ben Jah auf taz.de

@ Ben Jah: Eine sehr große Gruppe stellen laut Umfrage die, die sich zwar prinzipiell impfen lassen wollen, aber noch nicht jetzt. Sie wollen erst abwarten, ob es bei denen, die sich als Erste impfen lassen, zu Nebenwirkungen kommt. Dazu gehöre ich auch. Nach dem Debakel mit Pandemrix bei der Schweinegrippe 2009 ist das für mich die vernünftigste Lösung.

Betty Bos auf taz.de

Ach, geh du voran!

Selbstverständlich hat jeder das Recht, persönlich für sich zu entscheiden, ob er sich impfen lassen will oder nicht. Man entscheidet sich dadurch aber auch dafür, ein größeres Risiko darzustellen. Es ist tatsächlich auch in meinem Umfeld so, dass alle auf den Impfstoff hoffen, aber halt viele darauf vertrauen, dass ausreichend andere sich „für sie“ und ihre Freiheiten impfen lassen. Diese Einstellung finde ich schwierig – ich entscheide mich für eine Impfung. Juan Cohiba auf taz.de

Bitte kritisch abwägen

Gerade bei neuartigen Technologien sollte man beim Einsatz besondere Sorgfalt walten lassen und den Nutzen für bestimmte Altersgruppen sorgfältig gegen die (auch langfristig) möglichen Nebenwirkungen abwägen. Und wenn man dann zur Entscheidung gelangt, sich nicht impfen zu lassen, ist man noch lange kein „beratungsresistenter Impfgegner“. Zwischen unkritischen Befürworter*innen einer Impfung und irrationalen (!) Querdenker*innen gibt es einen großen Zwischenbereich. Könntet ihr den bitte in eurer Zeitung abbilden?

Michel Dobelmann, Heidelberg

Gibt nicht genug für alle

„Impfen gut? Impfen blöd? Machen wir die Rechnung!“, taz vom 30. 11. 20

Gute Abwägung! Doch denke ich, dass Überzeugungsarbeit gar nicht nötig ist. Die prognostizierte Knappheit von Impfdosen zumindest im ersten Jahr bedeutet: Nicht alle Personen, die sich impfen lassen wollen, kommen zum Zuge. Ethiker:innen und medizinische Fachmenschen haben daher Priorisierung empfohlen: besonders gefährdete Menschen und besonders exponierte Menschen im Gesundheitswesen zuerst. Nina Janovich auf taz.de

Gewagt? Erfolgreich?

„Impfen gegen Corona: Hoffen auf guten Stoff“, taz vom 23. 11. 20

Gestolpert bin ich über den Satz: „Die Anwendung von Vektorimpfstoffen ist zudem bereits seit Jahrzehnten erprobt.“ Bitte schön, wo, am Menschen? Nach meiner Kenntnis als Arzt und Schulmediziner sind Vektorimpfstoffe inzwischen bei Dengue-Fieber und Ebola zugelassen, aber erst seit wenigen Jahren (und zumindest bei Ebola) in einem vergleichsweise kleinen Rahmen erprobt, angesichts einer oft tödlich verlaufenden Krankheit. Es ist hinlänglich auf das aktuelle Dilemma der Medizin hingewiesen worden: einerseits die händeringende Suche nach einer Impfung gegen eine Krankheit, die die Welt außer Atem geraten lässt, andererseits die Vorsicht gegenüber zum Teil völlig neuen Technologien, deren mögliche Folgen man wohl überlegen und angemessen kommunizieren sollte. Die Impfansätze von beispielsweise Jenner, Pasteur und Behring waren in ihrer Zeit auch gewagt, brachten aber entscheidende Durchbrüche. Hoffen wir, dass uns das bei Corona auch wieder gelingt.Reinhard Bornemann, Bielefeld

Versteht das Virus uns?

„Curevac geht in neue Phase: Nachzügler mit Perspektive“, taz vom 30. 11. 20

„Die mRNA des Impfstoffes ist wie eine Lehrstunde für den Körper. RNA wird nach Übermittlung der Information wieder restlos abgebaut.“ Das hört sich ja gut an. Hoffentlich kommt es nicht zu kommunikativen Problemen in der „Lehrstunde“ – Missverständnisse und Lernblockaden soll es ja nicht nur unter den Menschen geben. Sonnenhaus auf taz.de

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