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wortwechselMama Erde ist einfach in den Wechseljahren?

Pionierprojekt: Die taz wird als erstes deutsches Medienhaus „klimagerechte Sprache“ auf die publizistische Agenda setzen. Verharmlosung, Verzerrung – passé! Gar nicht einfach!

„Besser übers Klima schreiben: Als erstes Medienhaus in Deutschland gibt sich die taz eine klimagerechte Sprache. Denn das Sein bestimmt auch das Klimabewusstsein“, taz vom 6. 9. 20

Parlamentarisches Spiel

Liebe taz Redaktion, „klimagerechte Sprache“ ist ja ganz okay, wichtiger wäre mir eine klimagerechte Berichterstattung. Bestimmt glaubt ihr, die weitgehend schon zu haben. Mir fehlt sie vor allem in einem Feld – den Berichten und Interviews über und mit Politiker*innen. Immer wieder geht es um politische Taktik: Mit welchen Themen will der/die Politiker*in oder will diese oder jene Partei die Wahl gewinnen? Mit welchen Parteien womöglich eine Koalition eingehen? Fragt doch: Welche Themen hält er/sie für die dringendsten? Was sind konkrete Vorschläge, um diese Themen zu bewegen? Was hat er/sie in der Vergangenheit dafür getan? Welchen Stellenwert hat dabei die Klimapolitik und was hört man dazu öffentlich (!) von ihm oder ihr? In eurer Berichterstattung bedient ihr für meinen Geschmack viel zu oft das parlamentarische Spiel: Mit welcher Botschaft will eine*r die Wähler*innen gewinnen – egal welche reale Politik dahintersteht? Peter Herholtz

Klima bleibt Klima

Klimakrise? Krise für Menschen! Ich finde Klimawandel einen prima Begriff, der die Wirklichkeit gut wieder gibt. Eine rasante Entwicklung, die maßgeblich durch den Menschen verursacht wird. Aber das Klima bleibt Klima. Es hat keine Krise, keinen Notstand, kein Problem, es versagt nicht und es bricht schon gar nicht zusammen. Die Erde wird weiter ein Klima haben. Nur wir Menschen werden durch den Klimawandel unser Leben so nicht weiter führen können. Es wird Krisen, Notstände und Katastrophen für den Menschen geben. Für das Klima ist es keine Katastrophe, wenn wir unsere Lebensbedingungen zerstören.

Joachim Karkuth, Pulheim

Wärme = Energie

Im Wort Klimaerwärmung steckt „Wärme“, was im naturwissenschaftlichen Sprachverständnis für eine Energieform steht. Und das trifft die Sache ja ziemlich genau: Wir pumpen mehr Energie ins Klimasystem. Das führt zu verstärkter Bewegung der Teilchen (Brown’sche Molekularbewegung wäre hier das Stichwort) und zum Beispiel zu häufigeren stärkeren Stürmen – die wir in Deutschland zu erwarten haben. Wenn man stattdessen von „Erhitzung“ sprechen würde, würde man das Geschehen auf die steigenden Temperaturen reduzieren. Vielleicht sollten Sie für die klimagerechtere Sprache auch Naturwissenschaftler zu Rate ziehen.

Julia Meuser, Cuxhaven

Ende einer Epoche

Liebe tazler, diese löblichen Vorschläge einer „klimagerechten Sprache“ kratzen leider nur an der Oberfläche des Problems. Es handelt sich zum Ersten nicht „nur“ um das Klima, sondern um eine umfassende und multiple Zerstörung der Lebensgrundlagen für die menschliche Spezies – Biodiversität, Stickstoffkreislauf, Versauerung der Ozeane, Wasserversorgung. Deshalb sollte man diesen Begriff auch verwenden. Zum Zweiten hat sich ein eigenartiger Gebrauch des Begriffs „Realität“ eingeschlichen, meist im Zusammenhang mit „Realpolitik“, die dann völlig verquer in der gleichen taz auf der Titelseite als „Dilemma zwischen Realpolitik und Grundsätzen“ erscheint. Was eigentlich reitet uns an Wirklichkeitsverdrehung oder -verdrängung, wenn wir beharrlich diesen „Realitäts“-Begriff verwenden angesichts des realen (zum Teil exponentiellen) Fortschreitens der naturwissenschaftlichen, wissenschaftlich gemessenen Treiber der Zerstörung, die jeden Tag sichtbarer und fühlbarer werden? Zum Dritten könnte man auch sprachlich klarmachen, dass es nicht nur eine „Krise“ oder „Katastrophe“ ist, sondern das Ende einer Epoche, die seit der industriellen Revolution die Illusion gepflegt hat, man könne auf einem begrenzten Planeten unbegrenzt und exponentiell wachsen, und an dieser Illusion beharrlich festhält, um ein verrücktes und inzwischen tödlich wirkendes fossil angetriebenes Wirtschaftssystem „real“-politisch zu erhalten.

Wolfgang Neef, Berlin

No sun, no fun?

Liebe tazzen, in eurem Hinweis auf den „Tatort“ liest mensch: „Der Sommer ist vorbei, und das Wetter macht schlechte Laune.“ Alles, was nicht Knallsonne über 30 Grad ist und bedrohliche Trockenheit, ist schlecht für die Stimmung – und das Essen wächst im Regal? Das Wasser kommt ja auch aus dem Wasserhahn ... Klimagerechte Sprache fängt genau da an – sollte sie jedenfalls. Banal ist das keineswegs, sondern prägend.

Petra Große-Stoltenberg, Hattingen

Empörungsmüdigkeit

Ich bin nicht der Auffassung, dass das Thema daran krankt, dass irgendwer noch wirklich aufgerüttelt werden muss. Wer es wissen möchte, weiß in Deutschland Bescheid. Es ist vielmehr mit Ulrich Beck davor zu warnen, zu sehr auf emotionale Mobilisierung durch Angst und Ausnahmezustände sowie das Heraufbeschwören einer Endzeitstimmung zu setzen. Dies gilt umso mehr, als auch andere politische Akteure diesen Mechanismus für sich entdeckt haben, während dieses Werkzeug im Rahmen der Mobilisierung für Umweltpolitik längst stumpf geworden ist. Es erzeugt eher Lähmung oder Ohnmacht. Ich beschäftige mich vorwiegend als Künstlerin mit den Auswirkungen der nuklearen Kette. So habe ich in Bezug auf die Auswirkungen des Uranbergbaus eine Müdigkeit von Anwohner*innen festgestellt, sich zu ängstigen oder zu empören. Hier stehen verschiedene Interessen gegeneinander: einerseits der Versuch, eine ständige aufreibende Alarmbereitschaft zu vermeiden, andererseits die Verpflichtung, anderen ihre Entscheidungsfreiheit durch die Weitergabe von Information zu ermöglichen. Ich wünsche mir eher eine differenzierte Darstellung, in der unterschiedliche Sprechweisen stattfinden, sodass eine Partizipation überhaupt erst möglich wird. Grit Ruhland, Paitzdorf

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