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wortwechselEuropa kommt nicht zur Ruhe

Sind Eurobonds der solidarische Rettungsschirm? Sollten Staatschefs die Nation Durchseuchen oder doch lieber allen Mitmenschen Schutzmasken aufzwingen?

Universaler Schutz

„Auf Hochtouren“, taz vom 27. 3 20

Wenn wir uns konsequent vor möglichen Todesgefahren schützen wollen, dann sollten wir uns gegen übertragbare Krankheiten, die noch kommen oder schon da sind, wappnen. Das bedeutet, wir sollten auch Mundschutz tragen, wenn die Influenza im Anmarsch ist und Tausende Tote kostet. Das wäre konsequent.

Wer daran glaubt, dass wir uns jährlich unterschiedliche Impfstoffe ins Blut jagen können, und dann gegen alle Angriffe aus der Umwelt immun sind, dem sei gesagt, dass wir in einer aufgeklärten Wissensgesellschaft leben, wo bewiesen werden muss, ob es eine Wirkung gibt. Beim Mundschutz ist die Sache klar: Er reduziert eindeutig die Ansteckungsgefahr – ohne die geringste Nebenwirkung.

Andreas Grenzdörfer, Weinstadt

Schwedischer Irrweg?

„Raus aus der Diskursverbotszone“,

taz vom 8. 4. 20

In Schweden gibt es, im Gegensatz zu Deutschland, ausreichend Schutzkleidung, um die Risikogruppen besser zu schützen, und nur etwa halb so viel Patienten pro Pfleger. Hätten die Regierungen unter Frau Merkel nicht die Gesundheitsämter kaputtgespart und die Krankenhäuser auf Vorsorge statt auf Profit ausgelegt, die Warnungen des Robert-Koch-Instituts beherzigt und entsprechende Pandemiepläne aufgelegt, wären auch uns diese extremen Maßnahmen erspart geblieben.

Da ein Impfstoff noch lange auf sich warten lassen wird, ist die möglichst schnelle Durchseuchung der nicht vorbelasteten Gesamtbevölkerung die einzige Maßnahme, um das Virus zu überwinden und so die gefährdeten Menschen zu schützen. Es gibt also gute Gründe für das Vorgehen in Schweden.

Karl-Heinz Werner, Berlin

Berlin unterstützen?

„Bestehende Institutionen nutzen“,

taz vom 7. 4. 20

Der Europäische Rettungsschirm ist in Südeuropa verhasst, weil er bislang immer mit Auflagen und demütigenden Kontrollen verbunden war. Außerdem wurde die Bonität von Staaten, die ihn beanspruchten, in Zweifel gezogen und diese Staaten wurden das Ziel von Finanzspekulationen. Das zu verhindern, ist für die betroffenen Staaten, aber auch für den Zusammenhalt der Eurozone existenziell und kein „Gefrickel“. Deswegen sind ja auch so viele Wissenschaftler der unterschiedlichsten Couleur für gemeinschaftliche Anleihen.

Neben Finanzpolitischem hat der Streit aber auch eine psychologisch-politische Dimension: Es braucht jetzt ein sehr starkes und offensiv kommuniziertes Signal, dass Europa zusammenhält. Bleibt das aus, sind nach den nächsten Wahlen vermutlich in Frankreich und Italien Populisten und Faschisten an der Macht. Die Europahymne zu singen, wird dann nicht mehr helfen.

Ich finde es gut, wenn die Grünen, zumindest ihre Europapolitiker, an diesem Punkt aus der Kuschelecke herauskommen. Roland Stark, Elville

Eurokrise

„Deutscher Geiz wird sich rächen“,

taz vom 8. 4. 20

Das eigentliche Problem bei der Milchmädchenrechnung von Olaf Scholz sind nicht nur die Zahlen. Dem Finanzminister fehlt offenkundig auch der Weitblick dafür, dass sich die EU an einem historischen Wendepunkt befindet, was sich etwa sehr deutlich in der norditalienischen Lombardei zeigt, wo an Rathäusern gerade aus Verdruss über die scheinbare Gleichgültigkeit in Brüssel und Berlin die blaue Europafahne demonstrativ wieder eingeholt wurde.

Zudem verkauft der Vizekanzler ebenfalls seine eigene Partei gewaltig unter Wert, wenn er nur die Position aus dem Kanzleramt eins zu eins übernimmt, anstatt endlich sozialdemokratische Akzente bei der Europapolitik zu setzen.

Rasmus Ph. Helt, Hamburg

Keine Diskriminierung

„Ein neuer Generationenvertrag“,

taz vom 5. 4. 20

Restriktionen speziell für ältere Menschen finde ich absolut gerechtfertigt und zumutbar. Dies als eine Art „Altersrassismus“ zu verunglimpfen, halte ich für verfehlt. Was bisher alle hinzunehmen hatten, würde sonst viel länger allen zugemutet werden. Was wäre damit gewonnen?

Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene hat eine vierphasige Exitstrategie zur Diskussion gestellt. Dieser ist unter anderem zu entnehmen: Die drohende Überlastung des Gesundheitswesens hängt vor allem von den schweren Krankheitsverläufen ab – bekanntlich überproportional bei Älteren –, weniger von der Gesamtzahl der Infizierten.

Wir Älteren haben freiwillig auch sonst schon manches für Kinder und Enkelkinder getan. Ich bin 71 Jahre alt.

Brigitte Rempp, Gleichen

Debatte über Eurobonds

„Bestehende Institutionen nutzen“,

taz vom 7. 4. 20

Wie kommt es, dass die wichtigsten Südländer, Italien, Spanien und auch Frankreich, Eurobonds fordern, Deutschland, Holland, Österreich dagegen sind? Zeigt sich darin, wer Opfer und wer Gewinner der Finanzkrise und ihrer „Bewältigung“ durch den Europäischen Rettungsschirm (ESM) war? Vor allem in Südeuropa wurde die Bevölkerung der Austeritätspolitik der Troika unterworfen, der „Vorzeigesünder“ für die schwäbische Hausfrau, Griechenland, wurde abschreckungs-wirksam kaputtgespart, dazu verdammt, seinen daraufhin beim ESM aufgehäuften Schuldenberg noch vierzig Jahre auf dem Buckel zu tragen.

In der Satzung des Rettungsschirms stehen weiterhin die Rückzahlungsbedingungen für Kredite: Senkung der Staatsausgaben, Privatisierungen, Verbilligung der Arbeit und Überwachung durch die Troika. Wer garantiert da Änderungen? Der neoliberale Wahn besteht doch weiter fort. Gerd Bock, Bremen

„Jubelnde Kirche“

„Specht der Woche“, taz vom 6. 4. 20

Christian Specht malt eine Kirche und sagt dazu: „Aber die Tür ist zu – und keiner kommt rein.“ Und er findet es schade. Zum Glück sind aber doch viele Kirchen geöffnet und Besucher können einzeln hineingehen.

Nun gibt es die Aktion „Jubelnde Kirche“. Darunter ist zu verstehen, dass in so vielen Kirchen wie möglich Türen, Tore und Fenster zur Gottesdienstzeit an beiden Ostertagen weit geöffnet sein sollen und die OrganistInnen drinnen mächtig die Orgel spielen. Zahlreiche Kirchen haben eine Grünfläche außen oder einen schönen Hof und Menschen können von dort aus zuhören. Oder von der Straße aus. Wo es erlaubt ist, können Stühle, Hocker seitens der Gemeinde aufgestellt sein, wo sich jede/r setzen soll wegen des gehörigen Abstands. Auf diese schöne Weise kann das Bedürfnis nach Gemeinschaft, von dem auch Christian Specht spricht, doch erfüllt werden.

Barbara Hartz-Bentrup, Bremen

Ostermähr

„Still leben“, taz vom 9. 4. 20

Es soll einmal Menschen gegeben haben, die einfach nicht mehr nach draußen gehen wollten, und so beschlossen sie, ihr „Heim und Büro“ zur Einheit „Homeoffice“ zu verschmelzen. Sie lebten daher nur noch in den eigenen „vier Wänden“. Beliefert wurden sie mit den (lebens-)notwendigen Dingen ausschließlich von Drohnen und bespaßt von einem außerirdischen Wesen namens „Alexa“.

Diese Menschen haben sich alles Überflüssige, wie Konzert-, Kino- oder Theaterbesuche, abgewöhnt, wollten nicht mehr freiwillig ins Fußballstadion und auch keine E-Autos zwangsfahren. Aber über das Smartphone gab es täglich eine Extraportion päpstlichen Segen, live vom Petersplatz, frei Homeoffice.

Der Mundschutz musste allerdings weiter getragen werden. Klaus P. Jaworek, Büchenbach

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