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wortwechselGedanken in der Zwangspause

Schützt der Heilige Geist vor Ansteckung und löst Solidarität den Neoliberalismus ab? Einfach von Freiheit träumen und schnell Schnittmuster für Schutzmaske googeln

Maskenpflicht

„Österreich maskiert sich“,

taz vom 30. 3. 20

In Österreich sollen sich die Menschen zum Schutz vor dem Coronavirus maskieren, aber hilft das wirklich, oder ist es nur ein Versuch, die Ansteckungsgefahr zu mindern? Auch hierzulande in der Bundesrepublik Deutschland werden die Rufe lauter nach einer allgemeinen Pflicht für Atemschutzmasken in der Öffentlichkeit, aber woher sollen die ganzen Masken kommen? Selbst die Menschen, die diese benötigen, weil sie ständig mit Kunden oder Patienten zu tun haben, sind kaum im Besitz dieser mittlerweile heißen Ware. Und will man Atemschutzmasken im Internet kaufen, kann es schnell passieren, dass man da viel Geld bezahlen muss, oder erst gar nicht diese Masken bekommt, und bei Einmalhandschuhen sieht es zurzeit nicht besser aus! Erst wenn genügend Masken zu erschwinglichen Preisen vorhanden sind, kann man eine Forderung stellen, dass diese auch jeder von uns zu tragen hat.

René Osselmann, Magdeburg

Kleine Rente

„Zu wenig für zu wenige“,

taz vom 20. 2. 20

Es gibt eine Gruppe von Menschen, die mit ihrem Elend kämpfen und die ich noch nicht in den Medien erwähnt gefunden habe: Das sind die Rentner mit kleiner Rente. Es gibt sehr viele, die ihre Rente aufbessern müssen und deren Job jetzt Corona-bedingt weggefallen ist. So wie bei mir. Mein Arbeitgeber hat mir, als die Möglichkeit der finanziellen Unterstützung durch den Staat ins Gespräch kam, als Erstes einen Brief geschrieben, dass für mich keine Hilfe infrage komme. Gespräche mit Behörden und Ämtern ergaben Hinweise auf das Wohngeld und die Grundsicherung. Mein Wohngeld würde laut Wohngeldrechner ungefähr 30 Euro betragen, ich zahle zwei Drittel meiner Rente als Miete.

Klaus Hoffmann, Hannover

Kranker Markt

„Keine Impfung gegen CO2“,

taz vom 1. 4. 20

Wir erleben gegenwärtig, dass eine global ausgedehnte Wirtschaft mit ihren hochkomplexen Lieferketten krisenanfälliger ist als regionale Vernetzung; wir sehen mit Erstaunen, dass massive Kapitalinteressen ganzer Branchen von einer einmütigen politischen Führung und im Interesse der Allgemeinheit zumindest zeitweise zurückgestellt werden können. Es gibt eine überraschend starke Bereitschaft der Bevölkerung, erhebliche Einschränkungen hinzunehmen, wenn sie gut begründet und erläutert werden. Wir erfahren zurzeit starke Solidarität, Einsatzbereitschaft im Dienste der Allgemeinheit und Hilfsbereitschaft im Privaten. Schließlich ist erkennbar, wie unfähig „der Markt“ ist, Interessen der Allgemeinheit, die sich nicht rentieren (Krankenhäuser, Pflegeheime), zu erfüllen. Wie Neoliberalismus menschliches Leid und Sterben vermehrt, ist besonders brutal in den USA zu sehen – aber eben nicht nur dort. Und wir erleben in der Beschränkung auf einen reduzierten Lebensstil, wie wohltuend es ist, langsamer, weniger hektisch, weniger mobil, weniger mit Konsum, aber mehr mit zwischenmenschlichen Beziehungen beschäftigt zu sein.

Gerhard Breidenstein, Traunstein

Ich habe einen Traum

„Schockwirkung erwünscht“,

taz vom 30. 3. 20

Horst Seehofers Prophezeiung, es könne infolge der Wirtschaftskrise dazu kommen, dass sich „die Gemeinschaft in einen völlig anderen Grundzustand bis hin zur Anarchie verändert“, bringt mich zum Träumen: Der Kapitalismus ist an sich selbst zerbrochen. Doch statt sich um die letzten Klopapierrollen zu streiten, nutzen die Menschen ihre während der Coronakrise intensivierten Nachbar*innen-Netzwerke und beginnen sich basisdemokratisch zu organisieren. Die Leute entdecken, dass staatliche Ordnung nicht das Nonplusultra ist, und entwickeln ihre eigene. Sie wollen mal was anderes ausprobieren als Fremdbestimmung, Ausbeutung und Unterdrückungssysteme. Die Produktion geht weiter, allerdings nur von solchen Dingen, die die Leute für nützlich halten. Die Bedürfnisbefriedigung aller wird zum neuen Wirtschaftsziel erklärt. Komisch eigentlich, denken sich die Menschen, dass das je anders war. Jede kann ihre Vorstellungen und Ideen einbringen in diese neue Gesellschaft. Entscheidungen werden gemeinsam getroffen. Freiheit liegt in der Luft. Schöne Aussichten, Seehofer!

Julia, Heidelberg

Gesundheitssystem

„Nicht jede Maske schützt gleich“,

taz vom 1. 4. 20

Es ist schon unerträglich, wie oft Politiker unsinnige Begründungen finden, warum man keinen Mundschutz zu tragen braucht. Es ist doch sicherlich nicht schädlich, wenn man eine Maske im Supermarkt beim Einkaufen trägt, zumal viele Menschen ja gar nicht wissen können, ob sie auch ohne die entsprechenden Symptome den Coronavirus bereits in sich tragen. Also ist es auf jeden Fall ratsam, eine Maske zu tragen. Doch woher nehmen, wenn es keine gibt? Die Ökonomisierung des Gesundheitssystems hat erst dazu geführt, dass wir jetzt mit diesem Mangel an Masken, Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln zu kämpfen haben!

Thomas Henschke, Berlin

Handy-Tracking

„Bußgeldkatalog für Berlin“ ,

taz vom 31. 3. 20

Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens gehen bereits weit über das bisher vorstellbare hinaus. Corona ist eine Erkrankung der globalisierten Welt, welche durch Touristen und die Eliten in die Welt getragen wurde. Jetzt auch noch die privaten Freiheiten im Intim-(Handy-)Bereich auch mit Argumenten sozialen Druckes (Freiwilligkeit?!) einschränken zu wollen, ist meines Erachtens zu viel des Guten. Wer Corona hat, bleibt zu Hause, das dürfte mittlerweile klar sein, wer trotzdem an die Öffentlichkeit geht, macht sich strafbar. Ich denke, das sollte reichen. Es muss nicht noch das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden.

Christoph Wilmanns, Papenburg

Durchatmen

„Keine Impfung gegen CO2,

taz vom 1. 4. 20

Es wird nach Corona selbstverständlich keinen reibungslosen Übergang in nachhaltige und klimagerechte Ökonomie geben. Dazu bedarf es mehr Einsicht und Überzeugungskraft, nicht zuletzt von Wissenschaft und Fridays for Future. Aber an Corona hat sich gezeigt, wie abhängig Politik von wissenschaftlichen Erkenntnissen ist, ein Tatbestand, der in Bezug auf Klima und Ökonomie und gerechte Verteilung der Reichtümer immer zugunsten des Lobbyismus ignoriert wurde. Auch in der Bewältigung der ökonomischen Herausforderungen beweist sich das in jeder Beziehung einseitige Politikverständnis zwischen Populismus und drängelnden Wirtschaftseliten. Wenn eine TUI gepampert wird, ohne eine echte Überlebensstrategie zu überprüfen, werden Steuergelder zum Fenster rausgeschmissen, die an anderer Stelle fehlen! Außerdem kann es auch nicht schaden, wenn wir jetzt einmal richtig durchatmen können und erleben, welche Bedürfnisse wirklich (über-)lebenswichtig sind.

Dietmar Rauter, Kronshagen

Gelungener Aprilscherz

„Söder greift zum letzten Mittel“

taz vom 1. 4. 20

Gut, dass es die taz gibt. Der Aprilscherz mit Söders Kreuzerlass ist Satire pur – hoffentlich nicht Realsatire. Jetzt verkauft sich Söder mal als Kreide fressender und mal als zupackender Landesvater. Das wird ihm leider zur Kanzlerschaft verhelfen. Dann wird er vermutlich sein wahres Gesicht (Wolf im Schafspelz) zeigen und regieren wie sein großes Vorbild Franz Josef Strauss.

Heinz Schönberger, Kempten

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