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wortwechselCorona medial: Bei den Fakten bleiben

Bei den Maßnahmen, die gerade ergriffen werden, sind Verunsicherung und Sorge groß.Von der Berichterstattung wünschen sich taz-LeserInnen deshalb eines: Rationalität.

Einsamer Spaziergänger Foto: Mohssen Assanimoghaddam /dpa

„Stillstand für Europa“,

taz vom 14./15. 3. 20

Mehr Rationalität, bitte

Kommentare sind ja in erster Linie Meinungsäußerungen, und der Autor soll seine Meinung ruhig äußern. Ich bin jedoch anderer Meinung, vor allem in Bezug auf die Forderung nach einer weitgehenden Ausgangssperre in – ja, wo eigentlich? – ganz Deutschland? In den Großstädten? Soll man also nicht mehr allein durch den Wald oder einen Park spazieren gehen? Welche Ansteckungsgefahr besteht denn dabei? Statt solcher Kommentare, die meiner Meinung nach nicht gerade förderlich sind für eine rationale Diskussion, wünsche ich mir mal einen Bericht über einen normalen Krankheitsverlauf von Menschen, die von diesem Virus befallen waren. Ist er anders als bei einer „normalen“ Grippe (die ja auch lebensgefährlich ist)? Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen: locker bleiben! Und in bestimmten Fällen – etwa bei gesundheitlichen Vorbelastungen – besonders aufpassen.

Rüdiger Loeffelmeier, Berlin

Den Experten vertrauen

Was soll die vollkommen unsinnige Forderung nach einer Ausgangssperre? Wer den täglichen, sehr zu empfehlenden Podcast mit dem Virologen Christian Drosten auf NDR Info verfolgt, weiß, dass das Quatsch ist. Sozialkontakte vermeiden, ja, aber nichts spricht gegen einen (einsamen) Frühlingsspaziergang. Österreich hat da eine gute Lösung gefunden. Bei aller verständlichen Emotion – wer macht sich gerade keine Sorgen? Bitte bei den Fakten bleiben. Thomas Langner, München

Fehlerbehebung

Exponentielles Wachstum ist für Menschen nur schwer begreifbar, daher kommt wohl die bei nach wie vor recht vielen Menschen zu beobachtende Skepsis bezüglich der Notwendigkeit der drastischen Maßnahmen. Auch Ihnen ist bei der Berechnung der Infektionsrate ein Fehler unterlaufen – die Zahlen fallen höher aus. Bei einer Verdoppelung der Infektionen alle 2 bis 3 Tagen bedeutet das bei einer aktuellen Zahl von 5.000 Infizierten, dass es in drei Tagen (ich gehe mal von der langsameren Verdopplung aus) 10.000 Infizierte, in sechs Tagen 20.000 und in neun Tagen mindestens 40.000 Infizierte sind. Sofern die Infektionsrate sich nicht ändert. Bei einer Verdoppelung alle zwei Tage sind es bei den neun Tagen bis heute sogar über 100.000 Infizierte.

Misstree auf taz.de

Klischees vermeiden

Ich fand bislang die Berichterstattung und insbesondere die Vermittlung von Sachwissen zu den Umständen des Auftretens des Coronavirus und dem unterschiedlichen Umgang der verschiedenen Staaten damit sehr gut. So auch in dieser Ausgabe etwa der Bericht von den skandinavischen Staaten. Schrill dagegen und nicht „standesgemäß“ klingt das Bedienen alter schräger Klischees, wenngleich im ersten Absatz des Kommentars auf so einer prominenten wie dieser ersten Seite „Italien als chaotisch geführtes Land“ bezeichnet wird. Zumindest seit Thüringen ist dieses schon immer herabwürdigende Klischee zu Italien völlig verfehlt.

Ekkehard Schröder, Potsdam

Postcoroniale Zeiten

„Die 40-Prozent-Hürde ist machbar“,

taz vom 16. 3. 20

Ich wache mit Corona auf und schlafe mit Corona ein. Das Thema ist allgegenwärtig. Vor Kurzem noch belächelt, nun wirklich ernst genommen. Soziale Kontakte reduzieren, Homeoffice, Schulausfälle, Absagen jedweder Veranstaltungen. Was vorher nie in Erwägung gezogen wurde, funktioniert auf einmal. Flieger heben nicht mehr ab. Grenzen werden geschlossen. Der öffentliche Nahverkehr kommt ins Straucheln. Das Virus wird quasi zum Freund des Klimas. Ich hoffe, dass wir auch in der postcoronalen Zeit über unser Verhalten nachdenken und vielleicht nicht mehr alles mit Vollgas erledigen. Es gibt Wichtigeres.

Achim Bothmann, Hannover

Fakten statt Mysteriösität

„Stimmt das?“, taz vom 17. 3. 20

Es ist menschlich, in Zeiten der Verunsicherung Klarheit haben zu wollen. Das geht uns allen so. Warum ist es aber für viele scheinbar einfacher, an „das Mysteriöse im Hintergrund“ zu glauben, statt sich ein paar Minuten mit Fakten zu beschäftigen? Warum wird einerseits so viel Energie in Verschwörungstheorien investiert, werden Informationen ohne irgendeine Quellenangabe völlig bedenkenlos weitergeleitet, angebliche Studien diskutiert, die womöglich nie stattgefunden haben, pseudowissenschaftliche Inhalte für wahr erklärt, angebliche Beschlüsse, die es nie gab, als Wegweiser herangezogen?

Es ist menschlich, ja. Verunsichert sind wir alle. Unterm Strich sollte man aber nicht für noch mehr Verunsicherung sorgen. Im Interesse aller.

Saad Eddine Fidaoui, Buchholz

Vorsicht vor der Überreaktion

„Erichs Rache“, taz vom 16. 3. 20

Vorsichtsmaßnahmen sind zwar angebracht, Überreaktionen aber nicht. Im letzten Jahr starben 24.000 Personen an Influenzaviren von ungefähr einer Million Infizierten, bei jeder durchschnittlichen Grippewelle sterben 12.000 bis 15.000 Personen in Deutschland. So gab es auch dieses Jahr schon über 200 Tote durch Grippeviren. Davon redet keiner, dabei sind die genauso tot. Na, wenigstens dürfte auch die Verbreitung der Grippe dieses Jahr durch die Maßnahmen eingeschränkt sein. Heiko Werning, Essen

Schadensbegrenzung

„Corona bedroht die Berliner Clubs“,

taz vom 12 3. 20

Als am Samstag die Verordnung des Berliner Senats herauskam, haben viele meiner Kollegen und ich noch überlegt: Tanzstudio – ist das Sport? Schließen wir? Wie viele werden kündigen, wie viele bleiben? Konzerte sind schon abgesagt, diese Einnahmequelle ist versiegt. Man könnte als linke, engagierte Tageszeitung jeden Tag einen Kleinbetrieb vorstellen, der mit dem Rücken zur Wand steht. Manch gutgläubiger Mensch glaubt immer noch daran, dass es einen Rettungsschirm für solche Existenzen geben wird. Träum weiter, Mama! Interessant ist, dass fast alle Kollegen das Virus von Anfang an ernst genommen haben – mehr Desinfektion, Bitte um Hygiene, Fernbleiben falls krank etc., aber Panikmache vermeiden und den Betrieb natürlich aufrecherhalten wollten. Die Dynamik ist nun atemberaubend.

Erleichtert bin ich, dass wir uns entschieden haben zu schließen, denn dann wird man wieder handlungsfähig und kann versuchen, Schadensbegrenzung zu betreiben.

Ute Petershagen, Berlin

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