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wortwechselTop of the flops?

Ist das EU-Personalgeschacher um von der Leyen tatsächlich ein echter Skandal?Oder nur ausgewalztes parlamentarisches Gerangel – zähe Machtpolitik hinter der Bühne?

Nominiert als EU-Kommissionspräsidentin: Ursula von der Leyen Foto: reuters

„Merkels Granate“, taz vom 4. 7. 19

Zirkus

Der „Granaten-Zirkus“ gipfelt in einer absoluten „Mutantenshow“, deren Beteiligte der Demokratie einen gewaltigen Arschtritt versetzen – man kann einfach nur noch erschüttert den Kopf schütteln! Heidi Rix, Berlin

Falsch skandalisiert

Im Augenblick wird die EU von einigen Zeitungen kräftig niedergeschrieben. Natürlich ist es bedauerlich, dass das Parlament keine der Spitzenkandidat*innen durchsetzen konnte. Das sogenannte Geschacher der Regierungschef*innen fand auch im Vorfeld der Wahlen im Parlament statt und wird bedauerlicherweise auch zukünftig auf den unterschiedlichen institutionellen Ebenen weiter stattfinden. Das Spitzenkandidat*innen Prinzip ist noch kein verankertes Prinzip auf EU-Ebene und war nicht durchgängig anerkannt. Für dieses Prinzip bräuchte es auch europäische Listen und nicht nationale. Ich glaube nicht, dass sich dieses Mal mehr Menschen an den EU-Wahlen beteiligt haben wegen dieses Prinzips, sondern um sich für eine starke EU auszusprechen. Ich bezweifle, dass diejenigen, die sich in NRW für die CDU ausgesprochen haben, dies wegen des Spitzenkandidat*innen-Prinzips oder Herrn Weber gemacht haben. Sie wollten eine starke CDU im Europäischen Parlament. Vielleicht haben sich Bayer*innen und Niederländer*innen wegen dieses Prinzips für die jeweiligen Kandidat*innen aus ihrer Region oder ihrem Land ausgesprochen. Das sogenannte Geschacher der europäischen Regierungschef*innen waren „übliche“ Personalverhandlungen in einem national und politisch gespaltenen Europa. Bedauerlich – aber nicht der politische Skandal, zu dem das Ereignis jetzt hochgeschrieben wird. Wird Europa besser und demokratischer, wenn die SPD jetzt deshalb die Groko platzen lässt? Wird die SPD dadurch stärker? Wird dadurch Politik in Deutschland besser? Ich glaube nicht. Angela König, Bonn

„Merkels Trumpf: Ursula von der Leyen als Brüsseler Hoffnung gehandelt“,

taz vom 3. 7. 19

Waffen für alle?

Wenn angeblich seriöse Vertreter der europäischen Länder weiter nach Wild-West-Methoden agieren, dann werden wir uns wohl demnächst wieder mit der Waffenlobby auseinandersetzen. Oder auch nicht – dann werden wir Waffenfreiheit haben in Europa. Kandidaten werden ausgeschlossen, irgendwelche anderen, nicht gewählten Kandidaten bekommen Spitzenpositionen. Was ist das denn? Führen wir doch gleich die Waffen für alle und das Selbstverteidigungsrecht wieder ein. Claudia Grossklaus, Hattingen

Hinterzimmer-Mafia

Nun spielt das Brüsseler Schmierentheater das Theaterstück „Peinliche Demokratie: EU-Hinterzimmer-Mafia-Politbüro als oberster Souverän“. In den Hauptrollen: die Pseudo-Spitzenkandidaten Manfred Weber und Frans Timmermans und das vermeintliche EU-Führungsduo „Mercron“: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Staatspräsident Emmanuel Macron. Kein Happy End. Weber und Timmermans sterben im Brüsseler Schmierentheater nach der EU-Wahl den Bühnentod. Stattdessen zaubern Mercron & Co urplötzlich ein ergrautes Kompromiss(t)-Kaninchen aus dem Hut, besser bekannt als die „Berateraffäre-Pleiten-Pech-und-Pannen-Ministerin“ der Bundeswehr – weil ihre Soldaten und Soldatinnen unter anderem im Jahrhundertsommer 2018 am 3. September 2018 unabsichtlich eine riesige Moorfläche im Emsland durch ungelenkte 70-mm-Luft-Boden-Raketen, die ein Eurocopter Tiger abgefeuert hatte, in Brand setzten. Eine unglaubliche Fehlbesetzung für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten. Roland Klose, Bad Fredeburg

Europa beschädigt?

„Skandale qualifizieren für Topjob“,

taz vom 2. 7. 19

Die Idee, von der Leyen als Präsidentin nach Brüssel zu schicken, folgt einem altbekannten, vor allem deutschen Muster: Hier gescheiterte Granden werden nach Brüssel weggelobt. So war es mit Stoiber, Oettinger und Bangemann. Es ist das brutalstmögliche, falsche Signal. Diese Personalie aus dem deutschen Problemfeld zu nehmen kommt gerade rechtzeitig, bevor der Untersuchungsausschuss abgeschlossen werden kann. Wie soll die Frau denn mit noch viel komplexeren Aufgaben Europas fertig werden? Durch solchen Personalklüngel wird Europa massiv beschädigt. Die Arroganz, vor allem die totale Ignoranz der sich endlich entwickelnden demokratischen Vorgehensweisen in der EU, zeigt überdeutlich, dass es weder Merkel noch anderen wirklich um transparente Prozesse geht. Die Rechtsparteien werden sich fröhlich bedanken.

Lothar Winkelhoch, Gummersbach

Scheitern in groß

Es ist bekannt, dass die Leitung unseres Verteidigungsministeriums eine der schwierigsten Aufgaben in unserer Regierung ist. Es ist eine Riesenbehörde mit mehreren Tausend Mitarbeitern, mit vielen alten Generälen in Leitungspositionen, die von Ökonomie und Ökologie keine Ahnung haben und die über die Instandhaltung, Neubeschaffung von Milliardeninvestitionen bis hin zur Beschaffung von Unterhosen für die Soldaten sorgen sollen. So eine Behörde zum effektiven Arbeiten zu bekommen ist bekanntlich sehr schwer. Frau von der Leyen hat dies bald erkannt und sich dazu Berater ins Haus geholt. Aber da sie von gewinnorientierter Privatwirtschaft nix versteht, waren diese Beratungen ein offenes Fass für die sehr wohl gewinnorientierten Beratungsunternehmen und bisher ohne bemerkbare Erfolge bei den beratungsresistenten alten Generälen.

Eine Ministerin, die ihren Laden nicht führen kann, die sich ums Budgeteinhalten nicht kümmert, soll nun befördert werden zur Chefin einer noch viel größeren Behörde mit viel größerem Etat. Das ist mir unverständlich.

Richard Kurzweil, Wangen

Wegbefördert

Dieses Mal wurde erst die Gefahr der Uneinigkeit und damit Führungslosigkeit der EU-Spitze „inszeniert“, um dann die Kandidat*innen zu präsentieren, die „wegbefördert“ werden müssen, weil sie auf den bisherigen Posten für die CDU nicht mehr tragbar sind. Also einfach mal tief durchatmen … Frau Kirschgrün auf taz.de

„Flinten-Uschi“?

„Flintenweiber“ hießen im Nationalsozialismus die Soldatinnen der Roten Armee und die Partisaninnen.

Jim Hawkins auf taz.de

Putztruppe für Rambos

„Fünf Jahre war von der Leyen Ministerin der Verteidigung. Die Bilanz: Ging so“, taz vom 4. 7. 19

„Die Bundeswehr kann ihr Nachwuchsproblem nur lösen, wenn sie sich für mehr Bevölkerungsgruppen öffnet. Je mehr Frauen dienen, desto weniger Akzeptanz bleibt für männerbündische Rituale.“ Schluck. Die Armee ist kein einheitlicher Bund von Männern, sondern eine Einrichtung des kapitalistisch-militärisch-industriellen Komplexes, in der konservative autoritäre systemtreue Männer (mit konservativen systemtreuen Frauen an ihrer Seite) männliche Jugendliche initiieren, konditionieren, disziplinieren und demütigen. (Mal abgesehen vom Rüstungs- und Kriegsgütermarkt.) Haben wir eigentlich alles schon gewusst. Doch was sucht neuerdings der Feminismus da? Er ist die Putztruppe, die den ramponierten Laden aufpolieren soll. Dass das wunderbar klappt, zeigt sich wiederum an der taz, die sich um das „Nachwuchsproblem“ dieser Einrichtung sorgt und dafür natürlich die Frauen (!) entdeckt hat. Haben wir dafür früher den Kriegsdienst verweigert und 20 Monate staatlichen Zwangsdienst in Kauf genommen? Thomas Moser, Berlin

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