piwik no script img

wortwechsel„Unvollständig“ in die Ewigkeit entlassen?

Organspende – das klingt vornehm, altruistisch und sehr human. Aber wann ist ein Mensch unwiederbringlich tot? Der taz-Essay „Der Mensch als Biomüll“ fand sehr viel Zustimmung

„Der Mensch als Biomüll“,

taz vom 1./2. 12. 18

Im Ausnahmezustand

Meinen Glückwunsch und meine Anerkennung, dass in der taz endlich eine Autorin zu Wort kommen darf, die das gewaltige Problem der Organtransplantation auf den Punkt gebracht hat: Mord ohne rechtliche Sanktionierung.

Dass sich zu diesem furchtbaren Tatbestand auch noch die großen Kirchen hergeben und der bewusst einseitigen Information des Bundesgesundheitsministeriums, der Stiftung Organtransplantation und von Transplantationsbeauftragten folgen, ist schon ziemlich erschreckend, besonders dann, wenn auf die christliche Motivation zur Organspende abgehoben wird: Das ist eine grobe Täuschung über das, was der Opfertod Christi bedeutet, der gerne zur Argumentation herangezogen wird: Christus wusste, dass er in den Opfertod gehen würde, er hat es vorausgesagt und ist ganz bewusst auf diesen Tod zugegangen.

Neun von zehn der sogenannten Spender werden als solche von Angehörigen deklariert, die sich in einer emotionalen Ausnahmesituation befinden, ohne dass sie sich der Konsequenzen bewusst sind, die auf die Betroffenen bei einer Ausweidung ihres Leibes zukommen.

Mangelnde Information, Desinformation über die Definition des Hirntods, kriminelles Handeln in deutschen Kliniken, wie es in den letzten Jahren zu belegen war – eine skandalöse Gemengelage!

Jörgen Day, Hamburg

Sie leben noch!

Mit dem Artikel von Anna Bergmann fand ein umfassender kritischer Beitrag zum Thema Organspende den Weg in die taz. Jedes Kind hätte einen Blick dafür, dass die sogenannten Hirntoten noch lebende Menschen sind, deren Definition als Tote einzig dem Umstand geschuldet ist, dass die Prozedur der Organentnahme von Lebenden ansonsten einwandfrei grundgesetzwidrig wäre und mit hohen Strafen geahndet würde.

Besonders perfide ist die ministerielle Absicht, dafür die bislang notwendige, ausdrückliche und vorherige Einwilligung umzukehren in einen notwendigen Widerspruch. Wenn man auf dieser Ebene weiterdenkt, sollte schon bald die Frage aufgeworfen werden, welcher Preis den Hinterbliebenen denn für die Verwertung der Organe zu entrichten sei und warum die derzeit noch als skandalös empfundene Möglichkeit der Genmanipulation unseres Nachwuchses nicht als potenzielle Steigerung der Wertschöpfung unseres Bruttosozialprodukts Unterstützung verdient. Rolf Alterauge, Neuwied

Das sind Unwahrheiten!

Liebe tazler, „Die Lüge vom Hirntod“ – ist das euer Ernst? Ihr lasst tatsächlich eine Kulturwissenschaftlerin gegen die Organspende polemisieren, und das voller medizinischer Unwahrheiten? Also erst mal: ein Hirntoter ist kein Sterbender – sondern tot, unwiederbringlich. Das ist medizinisch völlig unumstritten. Wir leben, weil unser Hirn arbeitet, nicht weil unser Herz schlägt oder unsere Haare und Nägel wachsen, das machen die übrigens noch tage-, wochenlang nach unserem Tod. Ja, der Körper (nicht Patient!) reagiert, wenn eiskalte Flüssigkeit ihn durchspült – offensichtlich hat die Verfasserin noch nie etwas von Reflexen, die über einfache Reflexbahnen auf Rückenmarks- oder Stammhirnhöhe verlaufen, gehört. Völlig unwahr ist die Behauptung, dass potenziellen Organspendern palliatvmedizinische Maßnahmen und Sterbebegleitung vorenthalten werden. Wahr hingegen ist, dass der Hirntod bei einem Menschen mit ansonsten gesunden Organen normalerweise plötzlich und unerwartet (durch einen Unfall zum Beispiel) eintritt, sodass weder Palliativmedizin noch Sterbebegleitung nötig oder möglich sind. Dieser Artikel führt nur zur Verunsicherung und Desinformation der Menschen. Manuela Nader, München

In Würde – und in Gänze

In Anbetracht der laufenden Diskussion war ich drauf und dran, die „Widerspruchslösung“ zu akzeptieren und keinen Widerspruch einzulegen, bis mir der Beitrag von Anna Bergmann die Augen öffnete. Sie hat das seit jeher bei mir vorhandene ungute Gefühl mit klaren Gedanken unterfüttert, herzlichen Dank dafür! Ich bin nun sicher, dass ich auch in Würde und in Gänze gehen möchte – und dieser Wunsch hat nicht den geringsten religiösen Hintergrund.

Manfred Grabowski, Taunusstein

Reine Verwertungslogik

Vielen Dank für die engagierte Parteinahme für die Würde aller Menschen an ihrem Lebensende. Wer seinen Körper der medizinischen Verwertungslogik unterwerfen möchte, kann gerne einen Organspenderausweis beantragen. Bei allen anderen aber soll das Recht auf körperliche Unversehrtheit ohne Einschränkung bis in den Tod gelten. Wir müssen die Menschheit nicht zum Ersatzteillager degradieren. Tobias Pohl, Frankfurt am Main

Verrückt geworden

Ich danke von Herzen für diesen Artikel zum Thema Organspende. Es graust mir davor, wo wir hintreiben, und das wurde in dem Artikel sehr gut herausgearbeitet. Ich schaue mich um in unserer Welt und kann nur denken: Der Mensch ist verrückt geworden. Er mutiert zum alles verschlingenden Monster, egal, wo wir hinschauen. Die Veröffentlichung dieses Artikels beweist auch Ihren Mut, sich gegen den heute geltenden Mainstream zu stellen. Ursula Freywald, Brühl

Die goldenen Nasen

Nachdem ich schon manchmal glaubte, es hätten hier alle den (Menschen-)Verstand verloren, die uns Organspenden als Bürgerpflicht verkaufen wollen und dabei die Moralkeule „Leben retten!“ schwingen, freue ich mich über so viel Scharfsinn und Vernunft! Ja, mit Organspenden verdienen sich manche eine goldene Nase, und es geht gleichzeitig der Respekt dem Menschen(spender)leben gegenüber verloren! Bernadette Drescher, Köln

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen