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wortwechselÜberall Schauergeschichten

Aktivisten im Hambacher Wald gelten als „Gewaltbereite“. In Duisburg wird von No-go-Areas fabuliert. Ein Grünen-Politiker verteidigt schon mal Pro NRW. Und dann noch der Parkrat

Stiller Horrortrip

„Polizei hilft RWE im Hambacher Forst“, taz vom 6. 9. 18

Mit Verblüffung habe ich die Zitate aus dem Munde des NRW-Innenministers Reul gelesen. Alle wissen doch, auch die RWE und die Landesregierung, dass es hier sehr wohl um Umweltschutz geht, und zwar um das ganze bedrohliche Umweltszenario: hier eben Braunkohle. Diesen Baumhausartisten die Abschaffung des Staates als wirkliches Ziel zu unterstellen, ist eine Dreistigkeit. Dieser Politiker kommt Leuten wie Erdoğan verblüffend nahe, der ja jedem kritisch denkenden Menschen schnell „Terrorismus“ vorwirft. Dann noch diese Flunkerei mit den gefundenen Waffen!

Es mag unter den Besetzern und sonstigen Aktivisten manche anarchistisch denkenden Leute geben und natürlich auch immer die „Gewaltbereiten“ (Vorschlag für ein Unwort, gleich nach „Gefährder“). Wer hier jetzt gerade massiv und manifest gewaltbereit ist, ist ja nun offenkundig. Doch mit derartigen Verlautbarungen erweckt die Landesregierung in mehr Menschen solche Impulse: Wenn Leute wie Reul den „Staat“ repräsentieren, zumindest auf Landesebene, mag man schon mal an dessen Abschaffung denken. Die graubraune Masse der Staatsfeinde sitzt bekanntlich nicht auf alten Eichen, sondern krakeelt in Chemnitz und sonst wo ungehindert herum, ganz zu schweigen von denen, die den Staat nicht abschaffen wollen, da es ihn nach ihrer Auffassung gar nicht gibt. Das wären doch mal heiße Themen für den Düsseldorfer Oberpolizeichef.

Als alter Feldbotaniker bin ich schon manchmal in diesem Wald unterwegs gewesen, habe mich bei einer Gelegenheit auch in eine Menschenkette entlang der alten BAB-Strecke eingereiht. Gutes Gefühl, ebenso friedlich wie nachdrücklich. An botanischen Fossilien aus den älteren Tagebauen haben wir auch schon genug gesehen, sehr interessant, aber es reicht schon. Und dann noch die tristen Dörfer mit ihren gepflegten, oft ganz hübschen, aber leer stehenden Eigenheimen – ein stiller Horrortrip durch Manheim oder Mörschenich wäre auch sehr zu empfehlen, da ist nicht so viel Gewaltbereitschaft zu befürchten, von welcher Seite auch immer. Arndt Wigger, Königswinter

Seehofern in Duisburg

„Sozialer Sprengstoff made in Duisburg“, taz vom 10. 9. 18

Duisburg hat in der Tat eine Reihe von Problemen. Nicht das geringste davon sind die Schauergeschichten, die in den Medien in Umlauf sind über angebliche Parallelgesellschaften und No-go-Areas in Stadtteilen, in denen der anständige Bürger an Leib und Leben bedroht ist – wozu es allerdings nie kommt, weil er da sowieso nicht hingeht.

Ein besonderes Problem besteht darin, dass Duisburg einen sozialdemokratischen Oberbürgermeister hat, der seine Aufgabe darin sieht, die eigene Stadt schlechtzureden und mit fremdenfeindlichen Pauschalunterstellungen in der Gegend herumzuseehofern. Dass er das auf Kosten von Zuwanderern zu einem Zeitpunkt tut, wo der CSU zu dämmern scheint, dass sie sich mit der Strategie „AfD bekämpfen durch AfD-Politik“ ins eigene Knie geschossen hat, spricht für ein gewisses Maß an persönlicher Unanständigkeit des OB.

In Duisburg sind schulpflichtige Kinder europäischer und außereuropäischer Herkunft in den letzten Jahren monatelang auf der Straße herumgelaufen, weil die Verwaltung nicht in der Lage war, sie in Schulen unterzubringen. Neuerdings stellt sich heraus, dass im Duisburger Norden in den letzten zwei Jahren die Zahl der Schüler keineswegs wie suggeriert zu-, sondern abgenommen hat.

Es gibt keinerlei gesicherte Statistik darüber, in welchem Ausmaß es fiktive Arbeitsverträge zwecks Erhalt von Kindergeld für Kinder im Ausland gegeben hat. Sören Link reicht die Behauptung „viele“ und der Hinweis auf den bundesweiten Kindergeldanstieg. Für dessen Erklärung braucht es allerdings mitnichten Rumänen in Duisburg-Marxloh.

Diese Stadt hat vorrangig kein Zuwanderungs-, sondern ein Modernisierungsproblem von Politik und Verwaltung. Seit Jahren wird über die schlimmen Folgen der Zuwanderung in Duisburg lamentiert. Es gibt bis heute außer einem – gemessen an der Situation – unterkomplexen ordnungsrechtlichen Overkill kein ressortübergreifendes, tatsächlich integriertes Gesamtkonzept der Verwaltung, deren Chef Sören Link seit Jahren ist. Sein politisches und administratives Versagen jetzt den Zuwanderern anzuhängen ist erbärmlich. Michael Preis, Duisburg

Erstaunliche Aufregung

„Sozialer Sprengstoff made in ­Duisburg“, taz vom 10. 9. 18

Es ist schon erstaunlich, dass sich die allgemeine Aufregung immer an „Kleinstvergehen“ wie angeblichem Sozialbetrug, sei es bei Hartz IV oder eben beim Kindergeld für EU-Ausländer, entzündet. Warum regt sich fast niemand darüber auf, dass die Steuerflucht immer krassere Auswüchse annimmt, die großen Firmen fast keine Steuern zahlen oder große Vermögen nicht genügend besteuert werden? Helga Schneider-Ludorff, Oberursel

Geschmackloser „Witz“

„Küblböcks letzter Fall“, taz vom 11. 9. 18

Dieser „Spaß“ kann nicht euer Ernst sein. Da stirbt ein Mensch offenbar unter tragischen Umständen, und ihr macht geschmacklose Witze darüber? Ich brauche in der taz keinerlei Kommentar zu Daniel Küblböck, aber wenn ihr berichtet, dann bitte angemessen – was für ein Leben er auch immer gehabt haben mag. Da ist jemand ertrunken. Er hat Respekt verdient. Über den Tod eines Menschen möchte ich nicht solche hämischen Bemerkungen lesen. Ich lese die taz, weil sie immer wieder für Menschlichkeit und Menschenrechte eintritt, und die sollten für alle gelten. Simone Regina Adams, Freiburg

Grüner Islamophobist

„Mit Sternchen und Kopftuch: Grüne streiten über Feminismus“, taz v. 10. 9. 18

Der „offene Brief“, der von Kulturrassisten wie Michael Körner und anderen unterschrieben ist, zeigt die dritte und vierte Reihe derer auf, die im Zusammenhang mit Boris Palmer bei den Grünen genannt werden müssen. Dieser offene Brief zeigt auf, dass Palmer und sein (nicht nur) Kulturrassismus kein Einzelfall bei den Grünen ist, sondern dass es eine breitere Basis gibt, die seine Haltung teilt.

Michael Körner aus Ettlingen ist altbekannt als vehementer Kopftuchgegner und auf der Basis dessen auch Islamophobist, der sich auch nicht scheut, Akif ­Pirinçci zu zitieren. Das gilt ebenso für andere Unter­zeich­ner*innen dieses Briefs. Körner hat auch schon Pro-NRW-Protagonisten verteidigt oder den Bogen vom Kopftuch zur Scharia gespannt.

Es ist Gesine Agena zu wünschen, dass sie in diesen Fragen klar und antirassistisch bleibt. Die feministische Erzählung ist nicht nur die von weißen Frauen und Männern, sondern weitaus breiter, als es sich diese engstirnigen Menschen vorstellen können. Dass sie sich darüber über die Emma an die grüne Partei wenden, zeigt, mit wem sie keine Berührungsängste haben. Das Problem, das die Grünen mit Kulturrassismus haben, ist größer als Boris Palmer. Jörg Rupp, Malsch

Die gute alte taz

„40 Jahre taz: Das Buch“

Dein Buch über dich ist – einfach großartig! Das sind 40 Jahre taz in einem Kunstwerk manifestiert. Ich danke dir, liebe taz, für diese wunderbare Zeitreise – auch zurück in die Zeit, die mich als Kind entscheidend geprägt hat! Ich bin beeindruckt von dieser umfassenden Autobiografie und davon, dass du nicht immer nur das Beste preisgegeben hast, sondern auch Anekdoten verrätst, bei denen man nicht schlecht staunt.

Und ich hoffe doch, dass du auch mit 50 noch die gute alte taz bist – höchstwahrscheinlich in einem gänzlich neuen und modernen Kleid (digital und nicht mehr knisternd). Aber in deiner Sprache und deinen Prinzipien schlagfertig wie immer! Marcus Berendes, Berlin

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