piwik no script img

wortwechselDie Lage falsch eingeschätzt

Links und rechts +++ Nazis und die Polizei +++ Äthiopien und Israel +++ Biken und posen +++ Humus und Garten +++ So viele Themen, so wenig Platz

„Wie Linkssein von einer neuen ­Mittelschicht getragen wird“, taz vom 28. 8. 2018

Was also ist links? Beginnen wir von rechts: Rechts würde ich alle Politiken und Ideologien nennen, die eine Ungleichheit postulieren, mit der Vorrechte und (Vor-)Herrschaft begründet und gerechtfertigt werden: Rassismus, Nationalismus, Sexismus, Führerkult …Mal ist es die Vererbung, mal die Vorsehung und mal „Gottes Wille“, die dafür herhalten müssen zu begründen, warum diese oder jene mehr wert sein sollen als andere und das Recht haben, über diese oder jene anderen zu bestimmen und zu herrschen.

Wenn wir uns so über rechts einig werden, sollte das mit dem Linkssein auch nicht mehr schwerfallen: Links zu sein ist für mich die Überzeugung, dass alle Menschen gleiche Rechte haben sollten, unabhängig von Nation, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung; dass wir gleiches Recht haben auf Zugang zu den Ressourcen dieser Erde; dass es gilt, jede Herrschaft von Menschen über andere Menschen zu überwinden.

Sperrig wird es mit dem Linkssein bei der „sozialen Frage“ oder dem Kapitalismus. Die einen wollen „soziale Gerechtigkeit“, sprich soziale Ungleichheiten mildern. Anderen gilt der Kapitalismus als Herrschaftssystem; das Recht auf Besitz an Produktionsmitteln eben nicht als Freiheitsrecht, sondern als ideologisches Konstrukt zur Begründung von Herrschaft.

Hier zeigen sich unterschiedliche Interpretationen des Begriffs Herrschaft und unterschiedliche Prioritäten bei der Überwindung von Herrschaft. Herrschaft und Unterdrückung haben vielfältige Formen, und also gibt es unterschiedlichste Formen auf dem Weg, sie zu überwinden. Wo es um unterschiedliche Prioritäten geht, ist das in Ordnung. Wo das eine gegen das andere ausgespielt wird, wo jemand sich im Interesse der eigenen Prioritäten rechte Ideologien zu eigen macht, da wird links zu rechts. Wo diese Grenze ist? Das werden wir immer wieder neu diskutieren! Peter Herholtz, Ahrensburg

Hier läuft was falsch

„Chemnitz kommt nach Gewalt nicht zur Ruhe“, taz vom 30. 8. 18

Den Kopf in den Sand zu stecken ist keine gute Idee, zumal vielerorts der Boden verseucht ist und gesundheitliche Risiken mit sich führt. Wenn Schwachsinnige auf der Straße den Arm zum Hitlergruß erheben, hat das nichts mehr mit Meinungsfreiheit zu tun. Und auch wenn ein Herr Höcke aufruft zur Demonstration und zum Gedenken an all die toten Deutschen des multikulturellen Wahnsinns, dann ist das einfach nur noch ekelhaft! Mir braucht auch keiner von den lieben Polizisten zu erklären, dass sie hin und wieder bei Demos die Lage falsch einschätzen und daher zu wenig Personal haben, um so was zu unterbinden. Solche merkwürdigen Demos wie jetzt in Chemnitz, wofür haben wir eigentlich Verfassungsschutz und BND?

Wenn aber in München ein Bürger Aufkleber verteilt, wo draufsteht: „Stoppt den AfD-Parteitag!“, und dafür zwei Tage ins Gefängnis muss, dann ist hier grundsätzlich was falsch in Deutschland. Die meisten Menschen in diesem doch wunderschönen Land sind gegen Radikale, gegen Gewalt. Aber auch die NSDAP hatte Ende der 20er, Anfang der 30er Jahre nicht mehr als 18 Prozent, und wir wissen, was daraus geworden ist! Und ein gern doch von vielen Menschen zitierter Satz: „Man kann sie nur mit Beteiligung entzaubern“, und sie dann doch mit in die Regierung zu lassen ist schon mal gründlich in die Hose gegangen! Darum, denke ich, ist es gut aufzustehen, gegen Gewalt und Intoleranz vorzugehen! Mike Abramovici, Berlin

Soziale Gerechtigkeit

„Äthiopiens andere Hälfte“, taz vom 24. 8. 18

Auch in Äthiopien gibt es die kleine Gruppe privilegierter Frauen, die an Universitäten studieren, in der Geschäftswelt Führungspositionen einnehmen und sich in Jeans, T-Shirt und Minirock „modern“ kleiden. Solche Frauen gibt es inzwischen in allen Ländern der Welt.

Die repräsentieren aber sicher nicht die „andere Hälfte“ Äthiopiens. Die Mehrheit der Frauen in Äthiopien lebt in materieller Armut. Diese Frauen helfen sich und ihrer Umgebung, auch mit wenig Geld gut zu leben. Sie praktizieren soziale Gerechtigkeit und setzen Werte ihrer Tradition und ihrer Religion tagtäglich in die Tat um. Wer solche Frauen – Repräsentanten der anderen Hälfte Äthiopiens – kennenlernen will, kann gerne unsere Projekte der Äthiopien-Hilfe Freinsheim besuchen, die von solchen Frauen organisiert und genutzt werden. Christiane Hopfer, Freinsheim

Das schmerzt

„Die unbeliebte Synagoge“, taz vom 20. 8. 18

Warum also Israel boykottieren, warum nicht auch andere Länder? Israel ist das Land, dem wir durch unsere Geschichte verbunden und verpflichtet sind. Aber gerade deshalb schmerzt es, wenn wir miterleben müssen, wie die Politik Netanjahus dieses Land immer mehr nach rechts und in die Unmenschlichkeit führt. Der in Israel lebende Musiker Ilan Volkov hatte schon am 10. Juli in der taz gesagt: Was die israelische Regierung den Palästinensern antut, ist schlimmer als jede Kritik an Israel.

Frau Carp hatte, ohne den BDS zu kennen, wie damals die meisten von uns, die Young Fathers zur Ruhrtriennale eingeladen, dann, erschreckt über die Infos über Boykott, Divestment Sanctions, die Gruppe wieder ausgeladen. Nach neuen Überlegungen und ihrer Überzeugung von der Freiheit der Kunst hatte sie die Band wieder eingeladen. Das kann man als „Hin und Her“ empfinden, aber das ist schon alles. Daraus ihr BDS- Sympathien und gar Antisemitismus zu unterstellen, ist ziemlich verwegen. Wenn nun Unterstützerinnen von Frau Carp von ihren Kritikerinnen als BDS-Aktivistinnen bezeichnet werden, liegt das vollends daneben. Ursula Linde, Bochum

Qualm und Gestank

Die Bildergeschichte: „Die Motorradgang ,Caramel Curves‘ aus New Orleans“, taz vom 27., 28., 30. 8. 18

In dieser Woche sehen wir erstaunt die Fotostrecke. Thema ist ein Frauenmotorradklub aus New Orleans. So weit okay; dass diese Frauen allerdings nicht nur ohne Sicherheitskleidung fürs Foto posen, sondern auch so fahren, ist aber ziemlich daneben und passt nicht zur taz, in der üblicherweise kein Foto eines Fahrrad fahrenden Menschen ohne Helm gezeigt wird.

Tatsächlich produzierten sich diese Frauen auch noch mit „Burnout“ und werden so in der taz gezeigt. Beim „Burnout“ wird der Hinterreifen bei gezogener Vorderbremse zum Durchdrehen und damit Qualmen gebracht. Das ist schwachsinnig, stinkt und verpestet unnötig die Luft, und das ist auch noch irrsinnig laut! Noch dazu berichtet die Chefin des Klubs im Spiegel-Interview, ihr Vater habe ihr zum Kauf eines lauten Auspuffs geraten.

Liebe taz, vielleicht entscheidet ihr euch mal, ob ihr laute Motorräder toll findet oder nicht. Wir vom MC Kuhle Wampe jedenfalls finden weder laute Motorräder noch populistische, sexistische oder rassistische Berichterstattung toll! Kerstin Reumke, Babsch Spengler, Marburg

Gelebte Liebe

„63 Monate Knast für Whistleblowerin“, taz vom 25./26. 8. 18

Danke für diesen Bericht. Zu allen Zeiten gibt es also auch junge Menschen, die aus Liebe zum Leben Verantwortung übernehmen. Sie folgen ihrem Herzen, ohne an die eigene Sicherheit zu denken. Meine Hochachtung für diese junge Frau, die ganz ihr Menschsein lebt! Der Mensch ist ein Wesen, das denken, fühlen und Entscheidungen treffen kann. Entscheidungen kann er aus Liebe oder aus Angst treffen. Ich wünsche unserer Welt viele solcher Menschen wie die 26-jährige ­Reality Winner, die mutig ihre Liebe zur Welt leben. Leider gibt es mächtige Leute, die das nicht verstehen können. Sie erklären gelebte Liebe für die Welt zur Straftat.

Gerda M. Kolf, Soest

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen