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wortwechselDas GroKo ist ein müder Elefant – ohne Stoßzähne

Wäre die neue GroKo das geringste Übel einer immer noch gut dastehenden deutschen Demokratie? Oder lügen sich alle Verhandlungspartner schlicht die Taschen voll?

„Der Elefant im Raum“, taz vom 13. 1. 18

Nonchalance

Es ist ein beliebtes journalistisches Spielchen zu schauen, welcher Verhandlungspartner hat sich durchgesetzt, von wem steckt mehr in den Abschlusspapieren der Verhandlungen. Es gibt aber nur zwei klare Verlierer des einwöchigen Palavers: das Klima und die Ärmsten der Gesellschaft, sowohl die, die schon immer hier waren, als auch die, die aus Not und Armut hierher geflüchtet sind.

Es zeugt schon von einer erschreckenden Ignoranz, wie die „Spitzenpolitiker*innen“ der sogenannten Volksparteien diese zwei Kernthemen, die das dauerhafte Überleben und den Frieden auf unserem Planeten bedrohen, auf allen politischen Ebenen, national, europäisch und global, unter „ferner liefen“ abhandelten. Mit welcher Nonchalance die Verhandler*innen das deutsche Klimaziel ad acta gelegt haben, nachdem nur wenige Wochen zuvor das Gegenteil beteuert wurde, toppt alles. Und auf dem Schirm der SPD ist heute nur noch, wer wenigstens irgendeinen Job hat und kein Flüchtling ist, also zum „produktiven“ Teil der Gesellschaft gehört.

Markus Steuernagel, Frankfurt

Großer Käse

Den meisten Deutschen geht es gut, das stellt niemand infrage. Doch auf wessen Kosten? Die Koalitions-Äh-Sondierungsergebnisse, kurz KÄSE, zeigen es:

Im Inland werden Geflüchtete, Erwerbslose und Geringverdiener weiter an den Rand gedrängt. Eine bitter notwendige Umverteilung des Reichtums ist nicht in Sicht. Ganz zu schweigen von einem echten Klimaschutz; klimafeindliche Konzerne haben weiter Vorfahrt. Und im Ausland? An deutschen Waffen soll die Welt genesen. Auch die Handelspolitik fußt auf der Zerstörung von Lebensgrundlagen. Militärische Abschottung und die Errichtung von Massenlagern sind das Ziel der Qual. Stehen wir auf für ein gutes Leben, für alle! Florian Tenk, Münster

Zwei Elefanten im Raum

Beim Vergleich der beiden Versuche zur Regierungsbildung fällt auf, wie strikt und erfolgreich die C-Parteien sich gegen eine Besteuerung hoher und höchster Einkommen wehren, sei es Erbschaft, Vermögen oder Gehalt. Dieser zweite Elefant, der die weltweite Ursache stetiger Spannungszunahme ist, über den breiten die C-Parteien in Deutschland ein Verdikt des Schweigens. Aus der Abschaffung des Solidaritätszuschlages für die unteren 90 Pro­zent der Steuerzahler einen Erfolg für die SPD zu konstruieren, ist anspruchslos, ja armselig, zumal damit ein Hieb gegen die FDP verbunden ist. Diese C-Haltung bleibt ungefährdet, solange die linksangehauchten Parteien 40 Prozent der Zustimmung nicht überschreiten. Beim ersten Elefanten im Raum, dem Klima, ist die Lage noch trostloser. Die 8,9-Prozent-Grünen stehen verlassen da, selbst die Linken wollen sich nicht von der Braunkohle verabschieden. Klaus Warzecha, Wiesbaden

Intelligenzbeleidigung

„Die Anti-AfD-Regierung“, taz vom 15. 1. 18

Leider kann ich Stefan Reineckes Optimismus hinsichtlich einer Anti-AfD-Regierung nicht teilen: Nein, die SPD hat sich nicht „beim Sozialen“ durchgesetzt – das würde nur stimmen, wenn Schultz und Co. endlich die Fehlentscheidungen der Agenda-Politik korrigieren würden. Davon kann aber keine Rede sein!

Ganz deutlich wird dies beim zitierten Beispiel des Rentenniveaus. Auf Seite 3 derselben taz kann man nachlesen, was von der angeblichen Sicherung des Rentenniveaus zu halten ist: 48 Prozent bedeutet nahezu eine Festschreibung dessen, was bis 2025 sowieso geplant ist. Danach eskaliert der Abstieg bis 2030. Da hat sich die SPD was Feines einfallen lassen: pure Veräppelung des Wahlvolks, das die Zahlen nicht im Kopf hat, und Verschiebung des Themas für die nächsten vier Jahre. Warum verspricht sie diese Absicherung nicht bis zum Jahr 2030? Nun kann ich Stefan Reinecke doch noch zustimmen, wenn er fordert, die SPD möge aufhören, „die Intelligenz des Publikums zu beleidigen“.

Peter Scholz, Berlin

„Der lange Weg zu Merkel“, taz vom 13. 1. 18

Wahlspekulanten

Mit diesem Schwenk um 180 Grad hat der SPD-Parteivorstand den eigenen politischen Suizid beschlossen.

Wer würde den Bürgern verübeln wollen, dass sie einen Bogen um die SPD schlagen? Niemand! In diesen schwierigen Zeiten, wo es auch um das Überleben unserer wertgeschätzten Demokratie geht, werden Worte nun mal auch an Taten gemessen. Dies nennt man Glaubwürdigkeit. Die SPD entwickelt sich zur Partei für risikofreudige Wahlspekulanten, denn sicher ist nur, das nicht sicher ist, ob nach der Wahl noch gilt, was vor der Wahl beschworen wurde.

Die letzte Hoffnung liegt nun bei den Mitgliedern, die dem Patienten SPD noch in letzter Minute den Strick entreißen können. Getreu dem Motto: „Nichts ist alternativlos!“

Jesse Andersen, Krefeld-Inrath

Zwei große Verlierer

Sehr geehrte Redaktion, die Analyse der GroKo-Sondierungen greift zu kurz. Zum einen ist es wichtig zu erwähnen, dass sich die Abschaffung des Kooperationsverbotes bei der Bildung mit keinem einzigen Wort explizit im Kompromisspapier findet.

Zum anderen wurden ebenfalls andere wichtige Bereiche vergessen, die leider sehr stark an der Glaubwürdigkeit der Sozialdemokraten nagen, wie zum Beispiel, dass etliche Firmen den Mindestlohn aufgrund nur unzureichender Kontrollen umgehen.

Zudem klingt es sehr nett, wenn die Mietpreisbremse überprüft werden soll, obwohl es ein offenes Geheimnis ist, dass jene gerade wegen der zahlreichen, von der Union durchgesetzten Ausnahmeregelungen nicht funktioniert.

Deshalb gibt es am Ende mit dem Klimaschutz sowie der SPD zwei große Verlierer, während sich Angela Merkel als die große Siegerin fühlen darf.

Rasmus Ph. Helt, Hamburg

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