wochenschnack: Steiners autoritäres Erbe
Sind Rechte an Waldorfschulen ein Betriebsunfall oder ein anthroposophisches Strukturproblem?
![](https://taz.de/private/picture/5494451/516/863535.jpg)
Zu reißerisch
Ich empfinde die Aufmachung als deutlich zu reißerisch für den darauf folgenden Inhalt. Das ist schlechter Stil. Also ich persönlich beantworte die Suggestivfrage im Titel nach Lektüre des Artikels mit: „wohl eher Nein.“ Sonntagssegler, taz.de
Steiners Saat
@Sonntagssegler „Wer heute Rudolf Steiner sät, wird Neurechte ernten“, sagt Caroline Sommerfeld, Co-Autorin des Buches „Mit Linken leben“ im Interview über die Waldorfschulen:
„Ich denke, es verhält sich so: Steiners Grundgedanken sind ziemlich deckungsgleich mit dem, was Identitäre ‚Ethnopluralismus‘ nennen, mit dem, was die bewusste Verwurzelung in der Tradition, im Volk, in Europa ausmacht, mit christlichem Selbstverständnis und auch einem bewahrenden Naturverständnis. Außerdem natürlich ist Waldorfpädagogik, gerade, weil sie nicht ‚mit der Zeit geht‘, sondern manchmal ziemlich anachronistisch ist, was Handwerk und Handarbeit, Lehrerautorität, Auswendiglernen, klassische Bildungsinhalte usw. betrifft, viel ‚rechter‘, als sie selber momentan sein will.“
Quelle: „Politische Diskriminierung an Waldorfschule – Nach politisch-motivierter Kündigung: Jetzt spricht Caroline Sommerfeld“, Info-Direkt, 2. 11. 2017 Andreas Lichte, taz.de
Kinder ihrer Zeit
@Andreas Lichte Und wer die Schriften Martin Luthers liest, wird zum frauenverachtenden Judenhasser. Man muss nur immer alles wörtlich nehmen und keinen Deut von der Urschrift abweichen.
Alle großen Denker und -innen waren Kinder ihrer Zeit. Was sie auszeichnet sind nicht die Punkte, in denen sie mit ihren Zeitgenossen übereingestimmt haben, sondern die Punkte, in denen sie über die als Gewissheiten geltenden Ansichten ihrer Zeitgenossen hinaus gedacht haben.
Adele Walter, taz.de
Zu einfach
@Adele Walter Sorry – Sie machen es sich wahrlich zu einfach. Gelinde gesagt. Luthers Antisemitismus – steht eben nicht auf dem Lehrplan der staatlichen Lehrer. Die einzigen – die klar sich von Steiner – den Sie auch bagatellisierend falsch als „naja Kind seiner Zeit“ salvieren wollen (dann haben Sie sein grauenhaftes Brechreiz auslösendes Zeugs nicht gelesen – vermut ich!;) distanzieren – sind m. W. die Hollandsche. Lowandorder, taz.de
Vorläufer von Hitler
@Adele Walter Auch Anthroposophen betrachten Rudolf Steiner als einen „Rechten“. Ettore Martinoli war eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der italienischen Anthroposophie. Er sagt über Rudolf Steiner:
„Rudolf Steiner war ein wahrhaft idealer Vorläufer des neuen Europa von Mussolini und Hitler. “
Andreas Lichte, taz.de
Trotz alledem
@Andreas Lichte Haben Sie auch eine eigene Meinung, die aus eigenen Erfahrungen resultiert?Kennen Sie autogenes Training? Es wurde von J. H. Schultz entwickelt und ist auch heute noch sehr beliebt. Dieser Schultz propagierte 1940 die „Vernichtung“ behinderter Menschen („Euthanasie“) und fällte durch seine Diagnosen „Todesurteile“ gegen Hysterikerinnen. Er war im Rahmen seiner Tätigkeit am Göring-Institut direkt an der Verfolgung homosexueller Männer beteiligt. Und trotz alledem ist autogenes Training eine weit verbreitete und in Deutschland und Österreich gesetzlich anerkannte Psychotherapiemethode.
Adele Walter, taz.de
Meine Erfahrungen
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
@Adele Walter ... ich bin ausgebildeter Waldorflehrer. Meine Erfahrungen während der Ausbildung können Sie hier nachlesen – live erlebter Rassismus inklusive: „Waldorflehrer werden! – am ‚Seminar für Waldorfpädagogik Berlin’“ (www.ruhrbarone.de/waldorflehrer-werden-%E2%80%93-am-%E2%80%9Eseminar-fur-waldorfpadagogik-berlin%E2%80%9C/)
Andreas Lichte, taz.de
Zahnarztkinder
@Andreas Lichte Danke für die Erläuterungen und den Link. Ich kenne viele Waldorfschüler resp. Schüler von Steinerschulen. Da es bei uns in der Gegend bis in die 80er keine Waldorfschule auf deutscher Seite gab, mussten die Architekten- und Zahnarztkinder sich immer frühmorgens über die Grenze in die Schweiz aufmachen. Ich konnte bei niemanden eine latenten Rassismus feststellen, zumindest keinen, der über das in meiner Generation übliche hinausging. Das, was mir bei diesen Menschen immer aufgefallen ist, war ihre Präsenz, ihre gute Ausdrucksweise und ihre mangelnde Bildung im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich. Adele Walter, taz.de
Die richtigen Fragen
@Adele Walter … Anthroposophen sind nett, solange Sie nett zu ihnen sind. Stellen Sie einmal die „richtigen“ Fragen, und Sie erleben etwas ganz anderes … Andreas Lichte, taz.de
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