wm gucken mit : … Mittel- und Südamerikanern in Hamburg
Er verstehe das nicht, erklärt David. Nach dem deutschen Sieg über die Polen sei hier „nichts los gewesen“. Gut, ein paar hupende Autos auf der Reeperbahn, okay – ein paar vereinzelte schwarz-rot-goldene Fahnen, die aus den Fenstern gehängt wurden. „Bei uns würde nach einem erfolgreichen Spiel das ganze Land beben“, sagt der Costa-Ricaner, der selbstverständlich ganz in Rot-Blau gekleidet ist. „Warum traut ihr euch nicht zu feiern?“
Auf dem Heiligengeistfeld überwiegt an diesem Nachmittag eindeutig das ecuadorianische Gelb das Rot von Costa Rica. Kein Wunder: Leben in Hamburg doch rund 1.000 Menschen, die aus Ecuador stammen, während die Statistiker nur 73 Bürger aus Costa Rica ausmachen können.
Rafael Bustos, Geschäftsmann aus Costa Ricas Hauptstadt San José, hat extra den weiten Weg auf sich genommen, um zumindest in der Nähe seines Teams zu sein. „es gab bei uns viel zu wenig Karten“, klagt der 39-Jährige, der nur für das Eröffnungsspiel ein Ticket bekommen hat. Während die meisten Mitglieder seiner zehnköpfigen Reisegruppe das Spiel in der nur wenige Kilometer Hamburger Arena live verfolgen können, ging Bustos leer aus.
Nun sitzt er ganz allein beim dem Fan-Fest und sieht ohne große Erwartungen dem Duell mit Ecuador entgegen. „Ich glaube nicht, dass wir gewinnen“, prophezeit er: „Ecuadors Niveau ist einfach höher und unsere Abwehr schlecht.“ Das Spiel wird zeigen, dass der Mann von Fußball etwas versteht: Es geht mit einem 3:0 klar an Ecuador.
Viel optimistischer sind da die etwa 500 Ecuadorianer, die die Fan-Fest-Szenarie bestimmen. „Wir haben gegen Polen schon gezeigt, wie gut wir in Form sind“, verrät der gebürtige Ecuadorianer Ephraim, der seit zwei Jahren in Hamburg lebt. Mit seinen Freunden ist er gekommen, um den Einzug seines Teams ins Viertelfinale zu feiern. Es wäre der größte Erfolg in der Geschichte der Nationalelf von Ecuador. Dass es dazu kommen wird, davon ist der 43-Jährige überzeugt.
90 Minuten später ist Ecuador zumindest schon mal im Achtelfinale, Costa Rica hingegen bereits am sechsten WM-Tag aus dem Turnier ausgeschieden. Nach dem dritten Tor, kurz vor Schluss, ist erstmals südamerikanisches Temperament zu spüren. Am Ende ist das Fan-Fest fest in der Hand der Ecuadorianer, die sich in den Armen liegen. Und Rafael Bustos hat ein Problem weniger: „Ich hätte Probleme gehabt meinen Urlaub zu verlängern, schmunzelt der Mann aus San José, „wenn wir das Finale erreicht hätten.“ MARCO CARINI