weinprobe : Partyknüller & Grillmeister
2005 Scheurebe trocken, Weingut Wittmann (Rheinhessen)
Der junge Philipp Wittmann hat sein in Westhofen gelegenes, seit langer Zeit biodynamisch bewirtschaftetes Weingut in den letzten Jahren zu einem der allerbesten in Deutschland gemacht. Natürlich verdankt er dies nicht allein seinem außergewöhnlichen Talent. Es sind vor allem die von seinem Vater bestellten Weinberge, in denen jede Sorte den für sie optimalen Standort erhalten hat. Wittmann ist seiner körperreichen und ausdrucksvollen Rieslinge wegen berühmt. Doch neben diesen und seinen fleischig-filigranen Silvanern verdient auch seine saftige Scheurebe besondere Beachtung. Für den dämlichen Sortennamen kann Wittmann nichts. Aber für die Klasse! Die spät gelesenen und daher vollreifen Trauben wachsen nicht, wie andernorts üblich, im Ackerboden, sondern in den besten Lagen des Weinguts. Also dort, wo auch die Wittmann’schen Weltklasse- Rieslinge wie „Morstein“ und „Kirchspiel“ ihr Zuhause haben: auf Westhofener Kalksteinböden und kalkhaltigen Löss-Lehm-Böden. Sie bescheren dem tropisch-saftigen, an rosa Grapefruit und schwarze Johannisbeeren erinnernden Wein jenes feine, mineralische Säurespiel, das sie zu etwas Besonderem macht. Diese „Scheu“ ist ein Partyknüller. Vor allem aber lässt sie trotz ihres Namens die meisten Sauvignons dieser Welt angesichts ihrer ungehemmten Saftigkeit und Exotik bescheiden aussehen.
Bezug: Weinstein, Lychener Str. 33, 10437 Berlin, Tel. (0 30) 4 41 18 42. Preis: 11 €
2003 Spätburgunder trocken Frankenweiler Bienengarten, Weingut Heiner Sauer (Pfalz)
Der Südpfälzer Heiner Sauer zählt zu den wenigen Winzern, denen nach dem heißen und trockenen Sommer 2003 ein feiner, ausgewogener Spätburgunder gelungen ist. Während viele seiner Kollegen überreifes, rosiniertes Traubenmaterial lesen mussten, weil sie zu lange mit der Ernte zugewartet hatten, um noch mehr Farbe, Konzentration und (schließlich unverträglichen) Alkohol zu erreichen, hat Sauer den richtigen Lesezeitpunkt erwischt. Für die Sorte Spätburgunder ist das von entscheidender Bedeutung, denn wie sonst könnte sie ihre besten Trümpfe geltend machen: Frische, Frucht und Feinheit? Gewiss, auch Sauers feinwürziger Spätburgunder, der wie alle seine Weine seit fast 20 Jahren biologisch erzeugt werden, bringt es auf 14,5 Grad Volumenprozent Alkohol. Doch sie sind perfekt in den gehaltvollen Körper eingebunden und brennen nicht wie ein dicker Kräuterschnaps. Sein warmtöniger Burgunder verströmt den italophilen Duft reifer und eingelegter Kirschen sowie von Backpflaumen, würzt ihn mit einer dezenten Räuchernote und feiert den außergewöhnlichen Jahrgang auf einem seidigen, fein strukturierten Fruchtteppich ab. Wer jemals in der Pfalz Feigen und Zitronen hat leuchten sehen und in Italien noch keinen feinen Burgunder gefunden hat, kann mit diesem südländisch anmutenden, überaus bekömmlichen Spätburgunder prächtig leben. Er eignet sich zum Abgrillen ebenso gut wie zu allen Fleischgerichten des lauernden Winters.
Bezug: Alles fließt, Lausitzer Straße 1, 10999 Berlin, Telefon: (0 30) 6 12 70 11. Preis: 16,50 €
STEPHAN REINHARD