waffenbesitz, zeugenaussagen etc.: Sein und Schein im HipHop von heute: Puff Daddy vor Gericht
Hermeneutik der Gangsta-Pose
So trennen sich die Wege. Die multimediale Jennifer Lopez setzt ihren globalen Siegeszug durch die magischen Kanäle (McLuhan) dieser Welt fort und erobert weiterhin, Etappe für Etappe, ein Zeitschriftencover nach dem anderen. Gesichtet werden konnte sie gerade erst wieder auf der Titelseite von Morix, der TV-Beilage des Magazins Max, und des US-Rolling Stones, wo sie, in leicht geschürzter „Mad Max“-Montur, als selbstbewusste Amazonenkriegerin posierte.
Ihr bisheriger Lebensgefährte dagegen, von dem sich Lopez in der vergangenen Woche offiziell getrennt hat, der Rap-Star und HipHop-Produzent Puff Daddy, muss sich derweil vor Gericht dafür verantworten, Ende 1999 bei einer Schießerei in einem Nachtclub in New York zumindest zugegen gewesen zu sein. Seine Bodyguards hätten geschossen, heißt es – in der Folge eines Streits, in dem ein Mann Puff Daddy beleidigt und ihm Geld ins Gesicht geschmissen habe. Später wurden Puff Daddy und Jennifer Lopez von der Polizei angehalten, die im Wagen der beiden Waffen fand.
Das Verfahren gegen Puff Daddy nahm nun kürzlich eine völlig unerwartete Wendung, als einer seiner Bodyguards im Zeugenstand erklärte, er habe seinen Chef und Arbeitgeber noch nie mit einer Waffe in der Hand gesehen. Noch nie! Da reibt man sich als gelegentlicher MTV-Nutzer verwundert Augen und Ohren, schließlich gehören ein Mindestmaß an Gewaltverherrlichung und Uzi-Fetischismus zum gewohnten Bild im HipHop – zumal bei einem Rapper von Rang, der etwas auf sich und seinen Ruf hält. Auch der Grammy-Gewinner und Plattenmillionär Puff Daddy ist da bisher nicht als Ausnahme aufgefallen: Seine Karriere begann er einst mit hochgerüstetem Gangsta-Rap; und auf seinen Platten glorifiziert er, kaum verklausuliert, die „Young G’s“ oder den „Gangsta Sh*t“.
Doch mit der Aussage seines langjährigen Begleiters werden nun wieder weitreichende Fragen aufgeworfen, was die Hermeneutik des HipHop, das Verhältnis von Inszenierung und Wirklichkeit betrifft. Wir warten auf weitere Bekenntnisse und Enthüllungen: dass LL Cool J kategorisch gegen jeden außerehelichen Sex ist; dass die Dope-Hopper von Cypress Hill in Wahrheit gar keine Kiffer sind – ja dass sie womöglich nicht einmal inhaliert haben. Und dass der Skandal-Rapper Eminem gar nichts gegen Schwule hat. DANIEL BAX
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen