vorlauf: Jenseits der Petersilieninsel
„Im Auftrag des Propheten“ (22.30 Uhr, Arte)
Marokko ist ein Land politisch und wirtschaftlich zerissenes Land: Einerseits zwischen Armen, die ihre Miete kaum aufbringen können, und Reichen, die ein feudales Leben führen. Andererseits zwischen islamischen Fundamentalisten, die den „wahren Islam“ predigen und jener Clique, die sich um den jungen marokkanischen König Mohammed VI. gruppiert und auf Verwestlichung setzt. Ines Maches und Dierk Schaafs Film skizziert ein differenziertes Bild einer Gesellschaft, in der es unter dem Deckel brodelt.
Warum der vermeintlich liberale König, der frauenfreundliche Gesetze vorantreiben wollte, bei der Bevölkerung – auch der weiblichen – auf Unverständnis stößt? Ein König, der keine stabilen sozialen Strukturen schaffen, sondern seine Beliebtheit durch gelegentliches Verteilen von Almosen steigern will, wird als Frauenfreund nicht ernst genommen. Zumal, wenn er sich im Vorfeld seiner Wohltätigkeit den Ausweis der Empfängerin zeigen lässt.
Auch mit der Meinungsfreiheit ist es nicht weit her. Islamische Oppositionelle lässt der König bei Demonstrationen brutal niederknüppeln. Entsprechende Aufnahmen, mit versteckter Kamera gedreht, werden erstmals der Öffentlichkeit gezeigt.
Die Autoren analysieren, weshalb das Volk Nadia, die Tochter des islamistischen Anführers Yassine, liebt. So manches Frauenleid hört sie sich in Armenvierteln an. Etwa wenn Nisrin Bellito und ihre Mutter über den Vater klagen, der vor der Scheidung das Familienvermögen für Drogen investierte und sich dann aus dem Staub machte. Dennoch: Geschenke sind auch von der Opposition nicht zu erwarten. Obgleich diese über Mittel verfügen, wie Mache und Schaaf konstatieren.
Frau Yassine preist in Gesprächskreisen ihres Vaters berauschende Ideen von „der Erleuchtung der weiblichen Gläubigen“. Erleuchtet, unter dem Joch der Männerherrschaft und halb verhungert – ob das so weiter geht? „Im Auftrag der Propheten“ ist einer der wenigen Filme nach dem 11. September zum Sujet, die den Islam weder als Inbegriff des Bösen schildern, noch aus missverstandenem Antirassismus schönreden. GITTA DÜPERTHAL
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