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vorlaufErtrinken verboten

„Baywatch“, Montag bis Freitag, 16.20 Uhr, Kabel 1

Der Vorspann erübrigt jede nähere Beschreibung: zu schmissiger Musik tollen wohlgeformte Körper am Strand herum und vertreiben sich ihre Zeit, so sie gerade mal nicht in der Dünung planschen, mit den einschlägigen Attributen eines sonnigen Daseins wie schnittigen Schnellbooten, bulligen Buggies, flotten Flitzern. Oder sie lungern auf den Veranden der Strandhäuser herum.

Genüsslich schweifen die Kameras über die gepflegten Leiber der mopsfidelen Bikinischönheiten und strammen Strandjungs. Ein mustergültiger Körperbau war unerlässlich, wenn man sich um eine Haupt- oder auch nur Statistenrolle in der Bademeisterserie „Baywatch“ bewarb. Lange Zeit war auch die ethnische Abkunft der Kandidaten von Belang. Erst nach siebenjähriger Laufzeit, im Juni 1996, nahm die Produktionsfirma eine hispanische und eine dunkelhäutige Darstellerin ins Ensemble auf – um, wie es hieß, rassische Toleranz zu demonstrieren. Um die ausgedehnten Strandimpressionen rankten sich Geschichten verschiedener Tonart. Dramatische Rettungsaktionen und komödiantische Elemente wechselten einander ab, auch persönliche oder familiäre Konflikte der Hauptfiguren nahmen Raum ein. Keinesfalls fehlen durften die üblichen Liebeleien, hier hauptsächlich von Mitch Buchannon (David Hasselhoff), die allen fortwährenden Avancen williger Damen zum Trotz niemals zu einer längerfristigen Bindung führten. Sporadisch wichen die Folgen vom festen Schema ab, so die Episode „Die Schiffbrüchigen“, in der Eddie Kramer nach einem Unfall im Koma liegt und davon träumt, auf „Gilligans Insel“ zu stranden. Gaststars dieser Episode waren Bob Denver und Dawn Wells von der Originalbesetzung des gleichnamigen, in den USA wohlbekannten Sitcom-Klassikers.

Mut zur Ironie bewiesen die „Baywatch“-Macher mit der Episode „Filmteam am Strand“. Darin kommt ein Fernsehproduzent angesichts dramatischer Ereignisse am Strand auf die Idee, eine Serie mit dem Titel „Rescue Bay“ zu lancieren. Im weiteren Verlauf der Geschichte nahmen die Serienautoren die selbst geschaffenen Klischees vom kurzweiligen Alltag der kleinen Lebensrettungsgesellschaft auf die Schippe. Einigen der Protagonisten ist bald mehr als suspekt, wie die Fernsehleute ihren hochseriösen Berufsstand darstellen – „schnucklig, forsch und athletisch“ wünscht der Produzent seine Darstellerinnen, und Strandpolizist Garner Ellerbee muss sich von seinem Alter Ego anfauchen lassen: „Was wollen Sie? Das hier ist Fernsehen. Hören Sie, wenn ich so spielen würde, wie Sie aussehen, würde sich keiner die Serie ansehen.“ Nachdem die Probeaufnahmen sämtliche Strandbewohner in Atem hielten, wird die Serie letztlich doch nicht gedreht, weil das Konzept keinen Abnehmer findet. Die insgesamt eher schlichte Anlage der Serie führte indes vorrangig zu unfreiwillig komischen Szenen, so wenn Pamela Anderson vorgeblich bewusstlos im Wasser schwebt, im Moment der Rettung aber trotz anhaltender Ohnmacht reflexartig ihre Haare zurechtstreicht. Gerade solch unbekümmert dargebotener Nonsens lockte zuätzliches Publikum, das sich an der lustvoll vorgetragenen Trivialität zu erfreuen vermochte. Ein bekennender „Baywatch“-Fan ist zum Beispiel Quentin Tarantino.

Zwar waren die leichtgeschürzten Schönheiten beiderlei Geschlechts das eigentliche Kapital der Serie, Koproduzent Hasselhoff aber sorgte persönlich dafür, dass der Anstand gewahrt und die Angelegenheit insgesamt jugendfrei blieb. Die optischen Reize, unkomplizierten Plots und leicht verständlichen Dialoge brachten der Serie eine weltweite Gefolgschaft ein – „Baywatch“ war in über 140 Ländern zu sehen, darunter China, Australien und dem Iran.

HARALD KELLER

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