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vorlauf kinderhort Winkelmaiers suchen nachden schönsten Spielsachen

Eine Urangst beherrscht Generationen von Eltern: Dass die lieben Kleinen den Kopf fest und final in eine Plastiktüte einpacken könnten. Womöglich hatten ja Christo (und die unvermeidliche Jeanne-Claude) übervorsichtige Eltern. Das zu klären, kann man am Sonntag mit dem Nachwuchs um elf Uhr den Martin-Gropius-Bau aufsuchen, wo eine Führung für Kinder durch die „Early Works“ des notorischen Verpackungs-Paars stattfindet. Christos Packages, Ölfässer-Installationen, Festgezurrtes wie Wagen und Bilderrahmen sind zwischen 1958 und 1969 entstanden. Das sieht man ihnen an: das Leinen vergilbt, die Plastikplanen stumpf. Eine Horde Kinder dürfte die Aura morbider Unantastbarkeit, die durch die Räume weht, die erschöpft und grimmig blickenden Wärter, das knarrende Parkett, die Folien, Planen und Schnüre zusätzlich auf eine harte Probe stellen. Da die verhüllten Objekte nur mit ihrem englischen Titel und dem Entstehungsjahr gekennzeichnet sind, sollten sich die Eltern die Gelegenheit nicht entgehen lassen und an der Führung teilnehmen: Neben Erholung vom Erziehungsalltag könnte auch noch Spezialwissen für sie abfallen. Frau Immendorf vom Museumspädagogischen Dienst wird in neunzig Minuten mit den Kindern fünf der Christo’schen Frühwerke begutachten – unverständlicherweise nicht den für Berliner Kinder interessantesten Komplex „Verhüllter Reichstag“. Nach der Führung soll in einem Workshop das Gesehene verarbeitet werden: einen Comic zeichnen, eine Geschichte schreiben, derlei. Nur davon, dass die Nachwuchs-Kunstconnaisseure selbst mal was anderes als die eigenen Köpfe verpacken können, ist nicht die Rede. Vielleicht können sie von den Eltern auch zum Bau einer formschönen Laterne überredet werden – für zwölf Mark Eintritt sollten Kinder künstlerische Freiheit genießen. Denn ab Sonntag gilt Winterzeit: es wird beunruhigend früh dunkel.

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