vor ort : PASCAL BEUCKER über Kölns besonders lustige Christdemokraten
Pünktlich zum Beginn des rheinischen Straßenkarnevals herrscht bei den Kölner Christdemokraten mal wieder Bombenstimmung. Denn die – laut jecker Eigenbezeichnung – „Löstige Demokrate“ zelebrieren sich zum wiederholten Male als die Lachnummer der Domstadt.
Anlass der aktuellen kölsch-konservativen Kapriolen: der nächste Kreisparteitag. Der hätte eigentlich samt Neuwahlen längst stattfinden müssen, da die zweijährige Amtszeit des bisherigen Vorstands im Dezember 2005 ausgelaufen ist. Doch CDU-Kreischef Walter Reinarz scherte das trotz Warnungen nicht. Seine Begründung für den Verstoß gegen das Parteiengesetz: Es habe sich wegen der vielen Karnevalssitzungen kein geeigneter Saal finden lassen. Die CDU veranstaltete übrigens in dieser Session gleich zwei eigene Sitzungen. Aber eine der beiden zugunsten des Wahlevents ausfallen zu lassen? Ein närrischer Gedanke!
Jetzt haben die „Löstige Demokrate“ allerdings ein Problem: Per Fax hat CDU-Bundesjustiziar Peter Brörmann in dieser Woche mitgeteilt, dass ihr kompletter Vorstand inklusive des Chefs Reinarz nicht mehr im Amt ist. Zudem seien alle seit Jahresbeginn getroffenen Beschlüsse ungültig. Das bedeutet auch das Aus für den designierten neuen Schatzmeister der Kölner CDU: Dummerweise war Ex-Dresdner-Bank-Manager Jürgen R. Neuhaus erst im Januar in die Partei aufgenommen worden – und ist damit nun wieder parteilos.
Die einzige Amtshandlung, die der bisherigen Parteispitze noch erlaubt sei, so beschied Brörmann, sei die Vorbereitung des Parteitags. Der soll jetzt am 18. März abgehalten werden.
Mit seinem „Malheur“ hat Reinarz, der sich zur Wiederwahl stellen will, seinen innerparteilichen Gegnern kräftig Munition geliefert. Dabei üben die sich ohnehin bereits seit längerem darin, den 48-Jährigen nach allen Regeln der Heckenschützenkunst zu demontieren. Besonders den Parteigranden Richard Blömer und Rolf Bietmann, die über Jahrzehnte die Kölner CDU beherrschten, und ihrem Gefolge ist ein Dorn im Auge, dass Reinarz‘ erklärtes Ziel ist, die alten Machtzirkel zu zerschlagen. Dazu demokratisierte das Vorstandsmitglied der Kölner Verkehrs-Betriebe AG die Partei, indem er anstelle des bis dahin geltenden Delegierten-, ein Mitgliedersystem durchsetzte. Seitdem dürfen auf Parteitagen nicht mehr nur die Delegierten der 44 Ortsverbände, sondern alle Mitglieder abstimmen – ein Graus für Strippenzieher.
Die Konsequenz: Die kölschen Konservativen schlittern von einer Schlammschlacht in die nächste. Mit bisweilen absurden Zügen: So forderte in der Frage des verschleppten Parteitags jetzt ausgerechnet der durch mehrere Ermittlungsverfahren belastete Ex-Parteichef Blömer „rückhaltlose Aufklärung“ – also genau das, worauf seine Partei bei seinen mutmaßlichen Spendenmanipulationen bis heute wartet. CDU-Landesgeneralsekretär Hans Joachim Reck ist denn auch über dessen Querschüsse nur noch genervt: „Herr Blömer sollte mit seinen Intrigenspielchen aufhören und vor der eigenen Tür kehren“, so Reck zur taz.