vor ort : KLAUS JANSEN über diplomatische Verwicklungen im „WM-Dorf“ Düren
Es wird eine Großbildleinwand geben. Und ein afrikanisches Hüttendorf auf dem Kaiserplatz. Schließlich muss eine 90.000-Einwohnerstadt schon etwas bieten, um offiziell als WM-Dorf anerkannt zu werden. Die Stadt Düren, an der Autobahn 4 zwischen Köln und Aachen gelegen, hat es geschafft. Bis zu 1.200 Gäste aus der Elfenbeinküste werden während der Fußball-WM zu Besuch kommen. Der Generalsekretär des ivorischen Fußballverbands ist eigens nach Düren gereist, um das zu versprechen. Die stellvertretende Parlamentspräsidentin war auch da. Mit ihnen kamen die Probleme.
Kein Problem ist, dass die Elfenbeinküste ihre Vorrundenspiele weit weg von Düren in Hamburg, Stuttgart und München austrägt. Immerhin schlagen die „Elefanten“ um Chelsea-Star Didier Drogba ihr Trainingscamp in Bonn-Niederkassel auf – in Reichweite also.
Ein größeres Problem ist die Sache mit den Menschenrechten. Auf die haben jetzt die Dürener Ortsgruppen der Menschenrechtsorganisationen amnesty international, Terre des Hommes und Unicef aufmerksam gemacht – just in dem Moment, in dem der Bürgermeister verkündete, Mitte April an der Spitze einer städtischen Delegation zum Gegenbesuch in Richtung Afrika aufbrechen zu wollen. „Es gibt in der Elfenbeinküste Kindersklaven und Kindersoldaten. In Düren werden Leute gefeiert, die nie gewählt worden sind“, sagt Unicef-Sprecherin Carmen Creutz.
Seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs im Jahr 2002 ist die Elfenbeinküste geteilt. Rund 6.500 Blauhelm-Soldaten trennen die Milizen des autokratischen Präsidenten Laurent Gbagbo im Süden und die Rebellen im Norden. Das Auswärtige Amt rät von Reisen in das Land ab. Düren ignoriert das bislang: Nur die Spitze der SPD-Fraktion sagte ihre Teilnahme am Antrittsbesuch ab. Auf der offiziellen Homepage www.duerener-wm-tage.de wird die Elfenbeinküste als Reiseland beschrieben, in dem man „sich sonnen, schwimmen, für einen Augenblick Europa vergessen, aber auch das tiefe Schwarzafrika entdecken“ kann.
Homepage-Betreiber Gerhard Suhr, laut Eigenwerbung „weit über Düren hinaus“ bekannter Getränkegroßhändler und Organisator der WM-Aktivitäten, will auf jeden Fall reisen. „Die Region ist sicher, ich würde meiner Familie nie eine Gefahr zumuten“, sagt er. Und die Menschenrechte? Er wolle sich selbst ein Bild machen und auch die Krisengebiete im Norden besuchen, sagt er. „Wenn es da Probleme gibt, blase ich die Zusammenarbeit sofort ab. Alles andere kann ich mir schon aus Marketinggründen nicht leisten.“ Im Übrigen seien die Gäste „bitter, bitter enttäuscht“ über das schlechte Bild, das in Deutschland von ihrem Land gezeichnet werde.
Dürens Rathauschef Paul Larue (CDU) lässt mittlerweile ausrichten, dass er die Menschenrechtslage ansprechen werde. Die Zusammensetzung der Reisegruppe lässt Unicef-Aktivistin Creutz daran jedoch zweifeln: „Es fahren der Bürgermeister, der Getränkehändler und der Karnevalsprinz – was glauben Sie, worüber die sprechen?“