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Archiv-Artikel

vor ort KATHARINA HEIMEIER über den Einstieg der evangelischen Kirche ins Müllgeschäft

In dem beschaulichen Wohngebiet im Duisburger Stadtteil Röttgersbach leben junge Familien. Pensionierte SPD-Ratsmitglieder haben sich hier ihre Häuser gebaut. „Sozialdemokratische Herrenwiese“ nennen die Röttgersbacher die Gegend in Anlehnung an den Namen eines Grundstücks. Kein geeignetes Pflaster für eine Bürgerinitiative – eigentlich. Doch vor wenigen Wochen hat sich hier eine Bewegung formiert – gegen die Kirche, ausgerechnet.

An ihrer Spitze steht Ralf Welters, Polizist und Familienvater. Er hat die Nachbarschaft geschlossen hinter sich versammelt. Welters und seine Nachbarn wollen verhindern, dass das Evangelische Krankenhaus in ihrem Wohngebiet eine Müllverbrennungsanlage baut – „mit allen Mitteln“, wie Welters sagt. Knapp 10.000 Unterschriften hat seine Initiative in den vergangenen viereinhalb Wochen gesammelt. Sie sehen in der Müllverbrennungsanlage eine mögliche Schadstoffschleuder, die zu einer Belastung durch Dioxine, Arsene und Cadnium führen könnte. Welters vermutet rein wirtschaftliche Interessen des Krankenhauses: „Die wollen ihren Müll nur kostengünstig entsorgen – zu Lasten der Bürger.“

Und außerdem: Ein Kirchenkrankenhaus und Müllverbrennung? Für die Protestler ist das ein doppelter Widerspruch: „Ein Krankenhaus sollte heilen und nicht der Gesundheit der Anwohner schaden“, sagt Ralf Welters. Der Grünen-Politiker Franz Tews erinnert an die Aufgabe der Kirche, die Schöpfung zu bewahren.

Otto Eggeling, Geschäftsführer des Johanniter-Klinikums, sieht seine Pläne in keinem Widerspruch zur Kirchenlehre. „Wir werden keine Entscheidung treffen, die die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet.“ Er vermisst bei den Protestlern die notwendige Differenzierung. Es handele sich nicht um eine Müllverbrennungsanlage, sondern vielmehr um eine Müllverwertungsanlage. Denn der Müll werde nicht nur verbrannt, sondern auch in Energie umgewandelt. „Der Abfall wird gleich dort verwertet, wo er anfällt“, sagt er. Rund 1.750 Tonnen Abfälle kommen im Jahr in den vier Kliniken, die zu dem Klinikum gehören, zusammen. Die Anlage soll rund 2.000 Tonnen Müll im Jahr verwerten. Eine Kleinigkeit im Vergleich zu großen Müllverbrennungsanlagen, sagt Eggeling – eine „Mini-Anlage“ nur. Die Kritik, die Anlage sei nicht umweltgerecht, wendet er ins Gegenteil – „die Anlage ist ja gerade ökologisch“.

Bürger und Kommunalpolitiker unterstellen der Kirche jedoch sehr weltliche Motive. Sie befürchten Konkurrenz in dem lukrativen Müllgeschäft. Die Grünen in Duisburg befürchten gar einen Präzedenzfall. „Wenn diese private Müllverbrennungsanlage kommt, dann baut sich in Zukunft jeder Baumarkt eine eigene Anlage“, sagt Tews, der für die Grünen im Umweltausschuss des Stadtrates sitzt. Er vermutet hinter den Plänen eine Müllverbrennungs-Lobby. „Wenn die hier nicht durchkommen, dann probieren sie es woanders.“ Deshalb müsse der Gesetzgeber die Kirchenmänner stoppen – und den Bau von privaten Müllverbrennungsanlagen verhindern.