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Archiv-Artikel

vive la kart! von CORINNA STEGEMANN

Faster than a bullet from a gun / He is faster than everyone / Quicker than the blinking of an eye / Like a flash you could miss him going by / No one knows quite how he does it but it’s true they say / He‘s the master of going faster (George Harrison, Faster)

Ich habe ein neues Hobby, und zwar Kartfahren. Bald werde ich die Frauen-Formel-1 dominieren. Beim ersten Mal wurde ich mitten im Rennen an die Boxen gewunken, und der Kartbahnchef las mir die Leviten und schnauzte mich an, ich solle nicht immer gleichzeitig Gas geben und bremsen, davon ginge das Auto kaputt. Aber das konnte ich ja nicht wissen, ich hab ja keinen Führerschein.

Gut, ich habe dann immer entweder gebremst oder Gas gegeben, aber das war blöd, denn dadurch wurde ich kurzfristig etwas langsamer, sodass mein Gegner mich zweimal überrunden konnte. Das hat mich wirklich wütend gemacht, also wirklich wütend! Das kriegt der nächstes Mal zurück!

Meine Stamm-Kartbahn hat viele lange Geraden, auf denen man herrlich rasen kann, und das macht Spaß, das Rasen, es macht genau so viel Spaß wie reiten, was ja vorher mein Hobby war. Und es ist auch genauso schweineteuer. Es ist also ganz ähnlich wie reiten, dieses Kartfahren. Aber selbstverständlich auch ganz anders, also im Prinzip anders. Hier der brummende Motor, dort ein schlagendes Herz, hier das zerkratzte und angestoßene Metall, das von vielen harten Rennen erzählt, dort die großen, freundlichen Augen, die sagen „Gib mir einen Apfel“, hier das Lenkrad, dort die Mähne. Ich hatte auch nicht eine einzige Sekunde das Gefühl, das Kartauto streicheln und ihm zärtliche Dinge oder meine geheimsten Wünsche erzählen zu wollen, damit es Vertrauen zu mir gewinnt.

Karts streichelt man nicht, das wirkt peinlich auf die Umstehenden. Karts benutzt man. Schnell soll das Auto sein, einfach schnell, und zwar schneller als alle anderen, egal, ob die Bremsbeläge abnutzen oder nicht – ist ja schließlich nicht mein Auto, ist doch egal, wenn es kaputt geht! Kein Mitleid!

Der Kartbahn-Chef hat mich ja schließlich auch nicht gefragt: „Möchtest du lieber in den Archimedes oder in den Goliath oder in die Penelope steigen? Beim Archimedes muss man etwas aufpassen, der ist leicht zickig. Der Goliath ist etwas anstrengend, den muss man immer treiben, der ist etwas faul, und die Penelope ist nur etwas für erfahrene Fahrer. Wenn die merkt, dass jemand neu auf der Kartbahn ist, dann macht sie, was sie will. Entweder sie geht durch und lässt sich nicht mehr anhalten, oder sie bleibt einfach stehen und rollt keinen einzigen Meter mehr weiter.“ Er sagte halt einfach: „Du steigst in die 8. Die sind alle gleich schnell. Kommt halt nur auf dich selbst an.“

Das war sehr gut. Hier war sie endlich, die Chancengleichheit, die die Französische Revolution nicht herzustellen in der Lage war. Vive la Kart!

Brrrrrumm, Brrrrruummmm … Gas geben, in der Kurve schleudern, überholt werden, noch mal überholt werden und noch mal überholt werden, Bremse und Gas verwechseln und sich darüber wundern, dass das Auto immer schneller wird, gegen Autoreifen knallen … ach, herrlich! Tut mir leid, liebe Pferde, aber ihr könnt einpacken.