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Archiv-Artikel

village voice Schwermetall statt Mittelalter

Subway to Sallys „Engelskrieger“

Glaubt man Hollywood, kriseln Ehen im siebten Jahr. Bandzusammenhänge kollabieren meist schon vor dieser Zeit, aber Subway to Sally hat nun im elften Jahr ihres Bestehens das verflixte siebte Album ereilt. Die Potsdamer Mittelaltermetallwerker sind zwar weiter zusammen, aber haben doch eine Sinnkrise durchlitten, die auf „Engelskrieger“ zu einer Soundveränderung führte.

Ob Dudelsäcke oder Geigen, Schalmeien oder Flöten, was einst den Klang bestimmte, ist nun marginalisiert oder gar nicht mehr vorhanden. Stattdessen rücken die im Laufe der Bandgeschichte immer derber gewordenen Gitarren endgültig vor. Sie rotieren schwer und selbstgefällig und verzähflüssigen noch jeden Song zum trägen Schwermutsbrocken. Wenn Subway to Sally früher einmal Papstrocker auf Pille waren, dann sind sie nun mit Methadon ruhig gestellte Kapuzinermönche. Auch vom ach so komplexen Kompositionshandwerk, auf das die Band mit klassisch geschulten Musikanten dereinst großen Wert legte, scheint nicht viel übrig.

Musikalisch also sind Subway to Sally eine recht durchschnittliche Heavy-Metal-Band geworden und auch textlich wurden Trolle und Feen ausgemistet. Man wolle, so schreibt ihre Plattenfirma, nicht mehr von mittelalterlichen Welten erzählen sondern vom Hier und Heute, also von Kindesmissbrauch, Autoaggression und Sterbehilfe. Nur leider torpedieren Subway to Sally ihre hehren Absichten, indem sie ihre Texte so konsequent verklausulieren, dass das eigentliche Thema schwer erschließbar ist. So dräuen über die Lippen ihres Sängers immer noch reichlich „Halleluja“ und „Weihrauch“, eine „gebenedeiter Leib“, ein „falscher Heiland“, bepinkelte Gräber und auch sonst über die Maßen markige Töne. „Es gibt kein Erbarmen“, singt der eigentlich einmal als Erich Hecht Geborene Eric Fish, als hätte er kleine Kinder gefrühstückt.

Bleibt die Frage: Warum dieser überflüssige Wandel? Um zu beweisen, dass man auch anders kann, ganz anders? Vielleicht findet sich für unsere geläuterten Sakralsänger ja tatsächlich eine kleine Nische in der Ödnis zwischen Rammstein und Manowar. THOMAS WINKLER

Subway to Sally: „Engelskrieger“ (Motor/Universal), Live am 11. 4. in der Columbiahalle