vesper & co. : Gönnen können
Mit „gönnendem und weinendem Auge“ gratuliert die grüne Landtagsfraktion Michael Vesper zum Ausscheiden aus Landtag und Parteipolitik. Nicht ganz stimmig hat Fraktionsvorsitzende Sylvia Löhrmann da ihre Grußadresse zu Papier gebracht – können Augen gönnen? Der Glückwunsch der Landtagsgrünen zu Vespers Abgang aus der Landes-Politik ist tatsächlich mit Vorsicht zu genießen. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht.
KOMMENTAR VON CHRISTOPH SCHURIAN
Für die grüne Partei in Nordrhein-Westfalen setzt sich die auf den Machtverlust folgende Auszehrung fort. Nach Bärbel Höhn – die längst in Berlin opponiert – geht mit Michael Vesper ein Aushängeschild der NRW-Grünen. Die personifizierte Erinnerung an zehn Regierungsjahre in Düsseldorf, an Aufbau und Wachstum, an Bonner Oppositionsjahre und die Generationenaufgabe: die schwierige Annäherung an die SPD. Mit Vesper verlässt der überzeugteste Rotgrüne das Bundesland – zuletzt durfte er sein repräsentatives Talent als Landtagsvizepräsident vorführen.
Dass der Parlamentsjob für einen, der die olympischen Spiele nach NRW holen wollte und die Ruhr-Triennale begründete, nur ein Restposten nach einer Wahlniederlage war, überrascht nicht. Auch nicht, dass er als Ex-Sportminister jetzt wie gemalt ins Aufgabenprofil der frisch fusionierten nationalen Sportverbände passt. Dass sich die Grünen über Vespers neues Amt wirklich freuen, ist unwahrscheinlich. Zu sehr wird er ihnen fehlen als Realo, als Netzwerker tief hinein in die herrschende Klasse.
Mit einem weinenden Auge werden seine Parteifreunde nun das verbliebene Personaltableau betrachten – etwa an der Spitze der Landespartei. Da wird Vespers einst so polarisierender realpolitischer und orthodox rotgrüner Flügel nicht mehr von einem Ex-Minister gewichtig vertreten, sondern einem politischen Referenten.