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Kunst definiert sich über Preise. Da ist es nur folgerichtig, wenn die Deutsche Volks- und Raiffeisenbank ganz vorn sein möchte im Marktgeschehen. Nachdem das Unternehmen Anfang der Neunzigerjahre eher weit gestreut Kinder und Jugendliche bei Malwettbewerben gefördert hatte, will die Bank nun zum Global Player im Kunstbetrieb aufsteigen: Mit 77.000 Euro ist der „blue orange“-Preis höher dotiert als der britische Turner-Preis – und der am Mittwochabend ausgezeichnete Francis Alys nicht minder kontrovers. Für eine Performance hatte er vor zwei Jahren eine Waffe durch Mexiko-Stadt getragen und gewartet, bis ihn die Polizei festnahm, während ein Kameramann die Aktion dokumentierte. Im letzten Jahr heuerte er 500 Peruaner an, die mit Schippen eine Sanddüne um zehn Zentimeter umschichten mussten. Damit passt Alys gut in die Riege neuer mexikanischer Künstler, die in ihren Arbeiten physische Bedrohung und Armut thematisieren. So ließ etwa Santiago Sierra drogenabhängige Frauen für Geld tätowieren, und Teresa Margolles beschichtet Wände mit abgesaugtem Fett aus Schönheitskliniken. Beide waren auch für „blue orange“ nominiert. Aber dann hat sich die Jury doch lieber für die seltsamen Landart- und Gewaltfantasien von Alys entschieden. Über seine Arbeiten hat Alys erklärt, dass es „manchmal zu etwas führt, wenn man nichts macht“. Die Bank bezeichnet diese Vorgehensweise als „künstlerisches Spar-Programm“, was ihren Vorstellungen von guter Wirtschaftsführung offenbar sehr entgegenkommt – immerhin wurde Alys von der FAZ bereits als Star einer „neuen Kunst des Handelns“ gefeiert. Jetzt bekommt er dafür auch in Berlin eine Chance: Mit dem Preis ist eine Ausstellung im Martin-Gropius-Bau verbunden, die im Herbst stattfinden soll.