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Archiv-Artikel

unterm strich

Im Sport ist oft von Doping und gesundheitlichen Folgeschäden die Rede, aber niemand fragt nach den gesundheitlichen Folgen der Kunstausübung. Wirklich niemand? Das stimmt nicht. Stimm-Experten warnen vor den Salzburger Festspielen: Die Stimmbänder vieler Opernsänger werden dort „überstrapaziert“. So mancher Sänger übertrete seine „stimmliche Leistungsgrenze“, sagte der Betriebsarzt und Stimmspezialist der Salzburger Festspiele, Josef Schlömicher-Thier. „Die meisten Sänger haben ein hartes Sänger-Kampfjahr hinter sich. Am liebsten würde ich einen Teil der Leute einfach auf Urlaub schicken, anstatt sie bei der Weltmeisterschaft der Stimmen antreten zu lassen“, sagte Schlömicher. Doch da die Musikindustrie viel Geld mit „ihren Gladiatoren“ verdiene, könne man sich nicht einfach quer legen.

Er selbst rate manchen Sängern, sich zurückzuhalten. Die Stimme eines Opernsängers sei ein intensiv trainiertes Hochleistungsorgan. „Die kleinste Stimmlippenfehlstellung, ausgelöst durch einen unbedeutenden Infekt oder auch Pech und Unwissenheit, kann zum Verlust der Stimme führen“, meinte der Spezialist.

Folgeschäden von der Arbeit in Bayreuth fürchtet auch der Regisseur Christoph Schlingensief. Wenige Tage vor der Premiere seines „Parsifals“ am 25. Juli sagte der Theaterprovokateur im Stern: „Man muss sich überlegen, wohin man hinterher verschwindet, weil einige Leute meine Inszenierung sehr übel nehmen werden.“ Der 43-Jährige ist auf Missfallenskundgebungen eingestellt: „Wenn die Feinde ‚Buh‘ schreien in der Premiere, ist es in Ordnung – vorausgesetzt, ich weiß, dass ich neue Bilder entwickelt habe, die ich mitnehmen kann in was Neues.“ Selbst bei einem möglichen Reinfall in Bayreuth erwartet Schlingensief keine negativen Auswirkungen. „Man ist nach Bayreuth nicht tot – in Bayreuth geht es gnadenlos weiter und bei mir auch.“

Gestern wurde das Programm der 57. Internationalen Filmfestspiele von Locarno bekannt gegeben. Das Festival, das vom 4. bis zum 14. August stattfinden wird, zeigt im Wettbewerb 18 Spielfilme. Die Auswahl ist bewusst international gehalten; die künstlerische Leiterin, Irene Bignardi, sagte: „Wir haben die Filme genommen, die am meisten über die Verwerfungen unserer heutigen Welt zu sagen haben.“ Unter den Teilnehmern sind die französische Regisseurin Laetitia Masson mit „Pourquoi (pas) le Brésil“, die türkisch-deutsche Regisseurin Ayse Polat mit „En Garde“ und der japanische Regisseur Jun Ichikawa mit „Tony Takitani“. Der Ehrenleopard geht in diesem Jahr an den italienischen Regisseur Ermanno Olmi.