unterm strich :
Gegen Ende seiner Amtszeit dreht Johannes Rau noch mal ordentlich auf. Unser Bundespräsident hat den Rummel um Pop- und Medienstars kritisiert und zu neuem Interesse für die Klassiker der Literatur und Musik aufgerufen. „Mit dem Kult ist auch die Kenntnis und Lektüre der Klassiker weitgehend verschwunden“, sagte Rau gestern in Marbach am Neckar zum 100. Jubiläum des Schiller-Nationalmuseums. „Das ist schon zu bedauern“, meinte das Staatsoberhaupt. Es sei ein Verschleudern kultureller Schätze, wenn sich die Sprache nicht von Zeit zu Zeit den Klassikern anpasse. „Und viele kulturelle Hervorbringungen unserer Tage können gegen Klassiker nicht bestehen.“
Im Feiern heutiger Kultfiguren sieht Rau vor allem ein „Feiern des eigenen Selbst und seiner Wünsche“. Der Starkult könne auch ein Zeichen sein für das Fehlen gesellschaftlicher Beachtung. „Dabei ist es offensichtlich der höchste Wert, der alles andere relativiert, in die Medien zu gelangen.“ Ach, und Bundespräsident ist Rau übrigens geworden, um dem Medienrummel zu entgehen und mal wieder in Ruhe die Klassiker lesen zu können!
Im Bundeskanzleramt in Berlin wird heute der Deutsche Architekturpreis 2003 an die Baumeister des Gebäudes verliehen. Die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung geht an die Berliner Architekten Axel Schultes, Charlotte Frank und Christoph Witt für den Entwurf und die Realisierung eben des Kanzleramtes. Die Auszeichnung wird alle zwei Jahre unter der Schirmherrschaft der Bundesarchitektenkammer ausgelobt. Die mit namhaften Architekten besetzte internationale Jury würdigte das Kanzleramt als einen Bau, bei dem „der ‚Bauherr Demokratie‘ und die Architekten den Mut zu einer unkonventionellen Lösung hatten“.