unterm strich :
Jeder hat ja so seine Meinung zu dem Ergebnis der amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Ich, du, er, sie, es sind alle zu Amerika-Experten mutiert und parlieren den lieben langen Tag über den Gesundheitszustand von Supreme-Court-Richtern und die Werte von Evangelikalen. Den Schriftstellerinnen und Schriftstellern geht es nicht anders. Die österreichische Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek sieht nach der Wiederwahl von George W. Bush als US-Präsident „düstere Jahrzehnte auf uns zukommen“. „Die konservative Revolution wird nun ausgebaut.“ Es werde ein zunehmender politischer Isolationismus der USA entstehen, der mit einer Aggression nach außen einhergehen werde. „Dieser Zustand wird möglicherweise lange anhalten.“ Die Schriftstellerin hat nach eigenen Angaben nicht mit einem Wahlsieg der Republikaner gerechnet: „Ich war eine der wenigen, die noch an das Gute geglaubt haben. Gesellschaftspolitisch liberale Tendenzen haben jetzt für lange Zeit abgewirtschaftet.“
Auch Martin Walser hat sich Gedanken gemacht. Für ihn befördert der amerikanische Präsident George W. Bush indirekt die Einigung Europas. Von der These eines gespaltenen Westens halte er nichts, sagte Walser am Donnerstag. „Der Westen war noch nie ein monolithischer Block.“ Es habe stets vielfältige Differenzierungen gegeben. Europa müsse einiger werden, und er glaube, dass Bush durch seine Positionen diese Entwicklung fördere. Dass in der US-Politik das Wort Hegemonie wieder eine solche Bedeutung erlangt habe, bedürfe keiner Antwort Deutschlands, sondern Europas. Um den Weltfrieden sei er überhaupt nicht besorgt, meinte Walser. So wie Bush indirekt Einfluss auf die Einigung Europas habe, so werde ein einiges Europa auch auf Bush wirken.