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Archiv-Artikel

unterm strich

Kaum hat der Bundeskanzler mit seiner Ankündigung von baldigen Neuwahlen die politische Szenerie in Aufregung versetzt, formieren sich die Interessengruppen und Lobby-Bataillone, um rechtzeitig vor einem möglichen Regierungswechsel in Stellung zu gehen: So auch der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, der sich gleich am Montag zu Wort gemeldet hat. Er fordert, die Kulturpolitik müsse im kommenden Bundestagswahlkampf eine herausragende Rolle spielen. Das dürfte zwar ein frommer Wunsch bleiben, denn wenn es um die großen politischen Fragen geht, musste die Kultur bislang noch immer zurückstehen. Doch der Kulturrat gibt sich unverdrossen mit dem Appell, Deutschland als rohstoffarmes Land müsse in seine Köpfe investieren. Bildung sei der unabdingbare Rohstoff zur Entwicklung neuer Ideen und Produkte – daher müsse dem Wert kreativer Leistungen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Bis hierhin dürften die Politiker aller Parteien diesen wohlfeilen Allerweltsfloskeln folgen können – und sie getrost in ihre Wahlkampfreden aufnehmen. Ob sie dann, an der Regierung, aber auch mehr Mittel des Bundes für die Kultur bereitstellen, wie sich das der Kulturrat ausdrücklich wünscht, steht auf einem völlig anderen Blatt. Im Juni will der Deutsche Kulturrat nichtsdestotrotz ein Bündel an kulturpolitischen Fragen an die im Bundestag vertretenen Parteien richten, die dem kulturinteressierten Wähler als möglich „Wahlprüfsteine“ dienen sollen: Das kündigte der Geschäftsführer des Kulturrats, Olaf Zimmermann, an.

Nicht im Zusammenhang mit der Wahl in NRW, auch wenn man das auf dem ersten Blick vielleicht denken könnte, steht dagegen die Kündigung von Wilhelm Meller, dem Justiziar des Kölner Erzbistums: Wegen Querelen um das rigide Sparprogramm des größten katholischen Ezbistums in Deutschland warf dieser das Handtuch. In einem Gespräch mit seinem Generalvikar Dominik Schwaderlapp habe Meller angeboten, von seinen Aufgaben entbunden zu werden, und Schwaderlapp habe dies angenommen, teilte das Erzbistum am Montag in denkbar knappen Worten mit. Der Hintergrund für die Entzweiung: Das größte katholische deutsche Erzbistum will bis 2007 seinen Etat um 90 Millionen Euro reduzieren: Es scheint dabei ganz so, als ob die Kulturpolitik auch für die katholische Kirche keine herausragende Rolle mehr spielen würde. Das radikale Sparprogramm trägt übrigens den hübsch euphemistischen Titel „Zukunft heute“. Im Rahmen dieses Sparprogramms wird auch die Hauptabteilung Recht aufgelöst, der Wilhelm Meller als Justiziar vorstand.