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Archiv-Artikel

unterm strich

Es lebe das Vertriebssystem! Auch wenn Francisco Goya seine Radierungen nicht sofort verkaufen konnte, so sicherten sie ihm doch schon lange vor den Zeiten von Museumsausstellungen und fotografischen Reproduktionen eine große Verbreitung und nicht zuletzt deshalb hält man ihn für einen modernen Akteur. Davon profitieren auch heute noch viele Sammlungen und Museen, sodass, wer jetzt scharf auf Goya ist, aber bis Berlin nicht kommt, auch an anderen Orten fündig werden kann. Zum Beispiel im Schlossmuseum Wernigerode im Harz, das gestern mit 222 Radierungen die Ausstellung „Gezeichnete Leidenschaft“ eröffnen konnte. Da sind die Schlangen wahrscheinlich nicht ganz so lang wie vor der Alten Nationalgalerie Berlin.

Die Berliner Festspiele freuen sich – ihr Konzept der Nachwuchsförderung scheint zu funktionieren. Jedes Jahr lassen sie auf dem „Stückemarkt“ während des Theatertreffens von einer jährlich wechselnden Jury ausgewählte Stücke junger Dramatiker aus Deutschland und Europa in szenischen Lesungen vorstellen und sind nun stolz, gleich von dreien anstehende Uraufführungen melden zu können. Der Weg ist gebahnt für Oliver Schmaerings „Seefahrerstück“, ausgezeichnet mit dem Theatertreffen Förderpreis für neue Dramatik, das im September in Halle gespielt wird. Bei Johannes Schrettles „Dein Projekt liebt dich“ hat das Schauspiel Graz zugegriffen und bei Juliane Kanns Sprachgemetzel „Blutiges Heimat“ das Maxim Gorki Theater aus Berlin.

Das mutet fast schon ein wenig zynisch an: Die Entwicklung der Landschaftsdarstellungen in der Kunst der DDR ist nicht gerade ein nachgefragtes Thema. Doch der Ausstellungsort, der jetzt für die Landschaftsbilder gefunden wurde, verspricht trotzdem Nervenkitzel, gerade auch im Kontrast zu den Motiven. Die Bilder werden unter dem Motto „Zwischen Himmel und Erde“ im Museum Peenemünde auf der Insel Usedom gezeigt, im Turbinensaal des Kraftwerks der einstigen Heeresversuchsanstalt, berüchtigt für ihre Arbeit an der Wunderwaffe Hitlers. Insgesamt 90 Gemälde und Druckgrafiken aus dem Bestand des Kunstarchivs Beeskow, der größten Sammlung von Kunstwerken aus dem Besitz von Parteien und Organisationen der DDR, sollen die These belegen, dass gerade die Landschaftsmalerei vielen Künstlern die Möglichkeit bot, zu gesellschaftlichen Entwicklungen Stellung zu beziehen und sich weitgehend der politischen Kontrolle zu entziehen. Ergänzt wird die Ausstellung, die bis 18. September läuft, durch Fotos sowie Ton- und Filmdokumente aus dem Deutschen Rundfunkarchiv.