unterm strich:
Wieder Streit über Auszeichnung für BDS-nahen Künstler
Trotz Antisemitismus-Vorwürfen will ein Aachener Kunstverein einen Preis an den amerikanisch-libanesischen Künstler Walid Raad überreichen. Man habe die Vorwürfe recherchiert, „aber nichts gefunden, was wirklich stichhaltig ist“, sagte der Vorstandssprecher der Freunde des Ludwig Forums, Michael Müller-Vorbrüggen, am Mittwoch. Mit dem Preis sollte Raad im Oktober für sein 15 Jahre dauerndes Projekt „The Atlas Group“ gewürdigt werden, in dem sich der 1967 geborene Künstler mit der gewaltsamen Geschichte des Libanon auseinandersetzt. „Wir unterscheiden zwischen der Kritik am Staat Israel – ich denke, die ist möglich und auch berechtigt zum großen Teil – und der Kritik an der grundsätzlichen Existenz Israels“, sagte Müller-Vorbrüggen. Nach langer Diskussion und nicht einstimmig habe man entschieden, den Preis wie geplant an Raad zu vergeben. Die Stadt Aachen hat sich dagegen aus der Verleihung zurückgezogen. „Wir müssen […] davon ausgehen, dass der designierte Preisträger Anhänger der BDS-Bewegung ist und mehrfach an Maßnahmen zum kulturellen Boykott Israels beteiligt war“, so Oberbürgermeister Marcel Philipp (CDU).
Vorwürfe gegen Verlagspreis
Um den in diesem Jahr erstmalig vom Bundeskulturministerium (BKM) ausgeschriebenen Deutschen Verlagspreis gibt es eine Kontroverse. Nachdem die 66 Preisträger im September angekündigt wurden, äußerten nun einige der nicht ausgezeichneten Verlage Kritik an der Auswahl der Gewinner sowie dem Bewerbungsverfahren. Teile der Jury stünden „in wirtschaftlicher Abhängigkeit zu einem der Gewinner“ und profitierten von der Förderung, erklärte etwa der Münchener Kleinverlag Smart & Nett in einer Stellungnahme. Der Hintergrund: Einige Juror_innen arbeiten für Verlage, die mit dem Preis geehrt wurden. Es sei ein gewöhnlicher Vorgang, dass Branchenexperten in die Juryarbeit für solche Auszeichnungen eingebunden werden, antwortete das BKM-Büro umgehend. Zudem unterschrieben die Juror_innen natürlich eine Befangenheitsklausel. Kritisiert wurde ebenfalls, dass viele der geehrten Verlage auch Mitglieder der Kurt-Wolff-Stiftung (KWS) seien, die als Kooperationspartnerin des Bundesministeriums auftritt. Gegenüber dem Buchreport wies das BKM-Büro alle Vorwürfe zurück und erklärte, dass die KWS das Ministerium lediglich bei der Konzeption der Teilnahmebedingungen beraten habe.
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