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Archiv-Artikel

unterm strich

Hübsches Zusammentreffen am Sonntag in Berlin beim Theatertreffen: Gezeigt wurde Jürgen Goschs Düsseldorfer „Macbeth“, im Publikum, achte Reihe ganz links außen, Spiegel-Kulturchef Matthias Matussek – die Inszenierung war neulich eine der zentralen Kronzeugen für die Sprachverhunzung und überhaupt den Niedergang des deutschen Theaters im Spiegel gewesen, nun wollte der Chef offensichtlich selbst einmal nachsehen, ob in seinem Blatt denn auch die Wahrheit gestanden hat; besser spät als nie. Das Ergebnis: Matussek behielt seine roten Hosenträger an, die Schauspieler zogen ihre Hosen bald aus, verspritzten Theaterblut und zeigten sich so gar nicht bürgerlich. Auch sonst wurde MM mit der Inszenierung offensichtlich nicht recht warm. Er ging nach ungefähr der Hälfte, dem restlichen Publikum aber gefiel die Aufführung über die Maßen: lang anhaltender, tosender Applaus, Bravo-Rufe, ein Triumph. Kann gut sein, dass sich das Theaterressort des Spiegels von seinem „Macbeth“-Bashing auf lange Zeit nicht wird erholen können.

Mehr als 3,5 Millionen Menschen haben das Holocaust-Mahnmal in Berlin seit seiner Eröffnung vor einem Jahr besucht. Die Reaktionen auf das Denkmal für die ermordeten Juden Europas seien weiterhin dennoch zwiespältig, sagte die Initiatorin Lea Rosh gestern. „Etwa die Hälfte der Bevölkerung nimmt das Mahnmal an. Ich hoffe, wir können einen Teil der anderen Hälfte noch überzeugen“, so Rosh. Man erinnert sich: Das Denkmal am Brandenburger Tor war am 12. Mai 2005 für die Besucher geöffnet worden. Der Eröffnung ging eine zehn Jahre andauernde Debatte voraus, ob dieses Mahnmal überhaupt errichtet werden solle oder nicht. Streitpunkt war unter anderem, dass das Denkmal nur den Juden gewidmet sein sollte, jedoch nicht allen anderen Opfern des Nationalsozialismus. Die Verfechter des Mahnmals hielten dagegen, dass der Holocaust an den Juden einzigartig gewesen sei. Außerdem gäbe es in Berlin bereits zwei Denkmäler, die allen Opfern des Nationalsozialismus gedenken. Eines am Steinplatz, das bereits seit 1953 existiert, und seit 1993 die Neue Wache unter den Linden. Wolfgang Thierse sagte zum Anlass auch etwas, parallel zu Frau Rosh hat er das weltweit positive Echo auf das Denkmal gewürdigt. Er bezeichnete das Mahnmal als einen „Stein des Anstoßes“ im Zentrum der deutschen Hauptstadt. Befürchtungen, das Denkmal würde die Aufmerksamkeit zum Nachteil der authentischen Orte der Erinnerung auf sich ziehen, hätten sich nicht bestätigt. „Die Besucherzahlen in den anderen Gedenkstätten haben weiter zugenommen“, unterstrich Thierse.