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Archiv-Artikel

unterm strich

Lieber Leser, liebe Leserin,wenn Sie jetzt abstimmen könnten, für welche Meldung würden Sie sich entscheiden: Handke und Heine? Oder lieber all die leckeren Kunst-, Tanz-, Film-, Theater-, Philatelie- und Literaturprojekte zur Fußball-Weltmeisterschaft? Eben. Um ihnen das Elend einer Wahl zwischen Sodom und Gomorrha, Scylla und Charybdis, Holland und Ghana zu ersparen, also nun dieses: Rolf Hochhuth hat dem Deutschen Nationaltheater Weimar die Uraufführung seiner Komödie „Heil Hitler!“ verboten.

Dafür gibt es Gründe: Regisseur Michael Simon wollte die zwei einzigen Nazi-Verbrecher im Stück von Frauen spielen lassen, worüber sich Hochhuth sehr geärgert hat. „Das ist Geschichtsfälschung“, sagte er dpa, „denn nicht Frauen, von seltenen Ausnahmefällen abgesehen, sondern Männer waren die Mörder der ‚Hitlerjahre‘.“ Doch damit liege vonseiten des Autors, so der Weimarer Generalintendant Stephan Märki, „noch nichts rechtlich Relevantes“ gegen die Aufführung vor. „Wir proben mit Hochdruck, Leidenschaft und Freude weiter.“ Auf die Vorwürfe entgegnete Märki: „Wir betreiben nicht Historie, sondern setzen uns auf künstlerische und zeitgenössische Weise mit der Zeit auseinander.“ Dazu schlüpften fünf Schauspielerinnen und Schauspieler immer wieder in andere Rollen. „Wir sind der Meinung, dass man den Hochhuth-Text, so wie er steht, nicht spielen kann.“ Bereits 1993 hatte Hochhuth die Uraufführung seines Stücks „Wessis in Weimar“ durch Einar Schleef am Berliner Ensemble stoppen wollen, dann aber doch keine juristischen Einwände erhoben. Damals störte er sich am freizügigen Umgang mit seinem Text.

Um die Manifesta 6 ist ein heftiger Streit entbrannt, der in einer Absage des Kunstevents münden könnte. Jedenfalls gibt es zwischen den drei Kuratoren der Ausstellung und der zypriotischen Trägerorganisation Nicosia for Art unüberbrückbare Differenzen. Im Mittelpunkt steht dabei die Forderung der Kuratoren, Anton Vidokle, Florian Waldvogel und Mai Abu El’Dahab, eine temporäre Kunstschule für die Zeit der Manifesta auf beiden Seiten der so genannten Green Line zu installieren. Damit würde die Ausstellung erstmals die verfeindeten Lager auf Zypern zusammenbringen. Doch gegen ein solches Vorhaben wehrt sich die Regierung des griechischen Teilgebiets. Jetzt soll die in Amsterdam ansässige „International Foundation Manifesta“ (IFM) mit den Kulturverantwortlichen in Nicosia verhandeln, ansonsten wollen die Kuratoren ihren Vertrag aufkündigen – das wäre vermutlich das Ende der Manifesta 6, die dieses Jahr im September starten sollte. Kofi Annan, übernehmen Sie!