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Archiv-Artikel

unterm strich

Günter Grass ist pünktlich zur Leipziger Buchmesse zutiefst verletzt. In seinem neuen bei Steidl erschienenen Lyrikband „Dummer August“, illustriert mal wieder mit eigenen Lithografien und Zeichnungen, tut der inzwischen 79-jährige Nobelpreisträger erneut seine Seelenpein kund. Die Diskussionen um seine letzte Publikation „Beim Häuten der Zwiebel“, in der er erstmals offenlegte, dass er zum Kriegsende als 17-Jähriger noch bei der Waffen-SS war, sind ihm offenbar nachhaltig in die Knochen gefahren. Von der Arbeit konnte ihn das allerdings nicht abhalten.

In dem Band, der, wie Grass in einem dpa-Interview sagte, ein Reflex auf den „Vernichtungsversuch“ im letzten Sommer darstellt, finden sich insgesamt 41 Gedichte. Bereits die Titel geben Einblick, welchen Umgang der Schriftsteller mit der erfahrenen Kritik pflegt: „Am Pranger“, „Schlaflos“, „Waldgängers Klage“, „Schaden auf Dauer“, „Mein Makel“. „Was mir widerfahren ist, hat Inquisitionhaftes“, klagt Grass daher unverdrossen. Damit nicht genug. Seine Selbstsicht, Opfer zu sein, formuliert er mit unverkennbarem Selbstmitleid auch in dem Poem „Vergleichsweise“: „Dem einen, dem anderen Kaninchen / das Fell über die Ohren gezogen / so sollte auch mir geschehen / auf daß ich nackt und bratfertig / dann mürbe und mundgerecht sei / die Leibspeise / mißliebiger Gäste.“