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unterm strich

Bilanzen, Bilanzen, und diesmal schlechte: Ingke Brodersen, bisher Verlagsleiterin von Rowohlt Berlin, hat das Unternehmen verlassen. Man habe sich „einvernehmlich“ getrennt, so die Verlautbarung. Genauer: „Wegen unterschiedlicher konzeptioneller Vorstellungen über die weitere Entwicklung des Verlages“, wie es wunderbar viel und nichts sagend in einer Mitteilung heißt. Branchenkenner (ist das eigentlich jeder, der sich dafür hält?) sehen die Trennung im Zusammenhang mit der Krise, in der sich der Rowohlt Verlag zurzeit befindet. Die zum Holtzbrinck-Konzern gehörende Unternehmensgruppe macht seit zwei Jahren Verluste (1999 allein rund 10 Millionen Mark bei einem Gesamtumsatz von 100 Millionen).

Selbstkritik ist alles: Rowohlt-Geschäftsführer Nikolaus Hansen hatte kürzlich zugegeben, dass im Verlag Fehler gemacht worden seien. „Das Entscheidende für uns ist daher, mit weniger Büchern mehr Geld zu verdienen.“ So soll beispielsweise Rowohlt Berlin zum „Hauptstadt- und Großverlag mit junger, gegenwartsbezogener Identität werden“. (Hört sich an wie aus dem Prospekt von Berlin Tourismus Marketing, oder?). Und jetzt die andere Seite: Rowohlt Berlin werde sich zwar weiterhin auch der osteuropäischen Literatur widmen, „aber deren Titelmenge wird sich künftig stärker danach richten, ob wir genug andere Bücher im Programm haben, die Geld verdienen“. Im Gespräch ist eine mögliche Kürzung des Segments osteuropäische Literatur um etwa ein Drittel. Da nehmen die „unterschiedlichen konzeptionellen Vorstellungen“ doch schon etwas Gestalt an. Klingt jedenfalls wie die Hintergrundgeschichte eines antikapitalistischen Schlöndorff-Films aus den Siebzigerjahren.

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