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unterm strich

Natürlich traf es auch uns wie ein Schlag: Boris Becker und seine Babs sind nicht mehr zusammen, trennen sich, weil die „Auffassung über die Prioritäten unserer Beziehung zu unterschiedlich sind“. Ein Satz, den man zweimal lesen muss in seiner Verschlungenheit, ein staatstragender Satz, der uns allen, die wir Bildungsbürger, einfache Leute und Kulturinteressierte sind, klar macht, was diese Trennung für ein Schlag ins Gesicht unserer Nation ist. So eine Nachricht läuft dann auch nicht nur in allen Boulevardmagazinen von „Blitz“ bis „Explosiv“, so eine Nachricht muss auch in die „Tagesschau“, „heute“ und das „RTL-Nachtjournal“, wo sie noch vor den letzten Neuigkeiten zum „BSE-Schock“ rangiert.

Deutschland, einig Trauerland, Deutschland, einig Scheidungsland. Vergessen sind Alex und Jenni, Michael und Jessica, Helmut und Brigitte, Franz und Sybille und all die anderen, bei denen es nicht so läuft. Denn diese Trennung betrifft nun mal den wichtigsten deutschen Mann der vergangenen beiden Jahrzehnte. Den Mann, der uns Tennis gucken ließ und später nur noch stolz machte, weil er vom babbelnden Bobbele zu einem Weltbürger ersten Ranges wurde.

Zu einem Mann, der der Queen elegant die Hand küsste, Seal zu seinen Freunden zählen durfte und auch als Unicef-Botschafter eine gute Figur machte. Dass man da nur ein bisschen am Lack kratzen brauchte, um zu merken, dass Boris Becker immer noch hauptberuflich Leimener war – geschenkt. Und dass das aber nun mit den „unterschiedlichen Prioritäten“ einfach mal vorkommen kann, wer weiß das nicht? Zumal auch eine Frau wie Babs sich mal emanzipieren will. Sie will ihrer eigentlichen Berufung, der Schauspielerei und Sängerei, nachgehen – und Werbespots für Coca-Cola drehen. Und vielleicht hat sie wirklich das Talent, Jenny Elvers locker bei RTL 2 zu überrunden. Aufzuarbeiten gibt es sowieso eine Menge – für Boris und Babs, für BILD, Bunte und Gala, und auch für uns. Wir müssen mitmachen, klar, auch auf diesen Seiten, wir wissen aber auch, dass beide weiterhin Aktionen für Zivilcourage und gegen rechts mitmachen werden. Das ist Promi-Schicksal.

Tragischer aber tatsächlich ist, dass die beiden nicht nur eine anscheinend mustergültige Ehe führten (mit Kindern, Glück und Tralala), sondern auch in anderer Hinsicht ein klassisches deutsches Vorzeigepaar waren – er weiß, sie schwarz, in so einer Konstellation waren beide dazu prädestiniert, die multikulturelle Gesellschaft in Deutschland zu repräsentieren. Die ist nun um eine Ehe ärmer und funktioniert, wir wissen es, weniger denn je.

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