unterm strich:
Theaterrettung und Verblendung, Teil I: Am Dienstag fasste der Berliner Senat den Entschluss, das Metropol-Theater an den niederländischen Unterhaltungskonzern Stage-Holding von Joop van den Ende zu verkaufen. Der Vermögensausschuss muss der Entscheidung noch zustimmen, aber was sollte der dagegen haben: Das seit dreieinhalb Jahren geschlossene Operetten- und Musicaltheater an der Friedrichstraße geht immerhin für einen Euro über den Tisch – gegenüber früherer symbolischer Zahlpraxis von einer Mark ist das eine Wertsteigerung von fast 100 Prozent. Das Grundstück wird für 5,6 Millionen dazugekauft, eine Sanierung des Gebäudes für 60 Millionen Mark ist versprochen.
Die Grünen-Abgeordneten Alice Ströver erinnerte jedoch daran, dass Kultursenator Christoph Stölzl versprochen habe, wieder das klassische und moderne Operettenrepertoire auf die Bühne des traditionsreichen Theaters zu bringen – die Stage-Holding aber werde „sich einen Teufel um die Operette scheren“ und stattdessen auf europaweit tourende Musicals setzen. Mit dem Verkauf finde ein „übles Intrigenspiel gegenüber Berlins Operettenfreunden ein tragisches Ende“.
Ganz das Gegenteil, bemühte sich die Stage-Holding gestern klarzustellen, sei ihre Absicht. „Wir werden Theater wieder zu dem machen, was es einmal war: ein Ort des gesellschaftlichen Zusammentreffens und ein Forum für Kunst, Unterhaltung und Begegnung.“ Wohltuend konservative Klänge, wo man schon fürchtete, die Disneyisierung und BigBrotherisierung werde alle Bühnen der Welt ergreifen. Nicht mit der Stage-Holding: Dass sie der europäische Partner von Disney Productions sind und ihr Eigner Endemol Entertainment gründete, soll überhaupt gar nichts damit zu tun haben.
Theaterrettung und Verblendung, Teil II: Das Volkstheater Rostock wird nicht geschlossen, verkündete gestern Oberbürgermeister Arno Pöker (SPD). Stattdessen werden spätestens vom Jahr 2003 an die städtischen Mittel für das Vierspartenhaus auf dem Niveau von 2000 eingefroren. Herr Pöker! Was das für ein tarifgebundenes Theater bedeutet, haben wir doch alles schon mal erklärt.
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