unterm strich:
Wenn es Richard Wagner nicht gäbe. Was hätten wir in der letzten Zeit nicht an Meldungen missen müssen! Jetzt also geht es um einen Akt der Zensur: Die im Juli in Jerusalem geplante Aufführung des ersten Aktes von Richard Wagners „Walküre“ soll gerichtlich verboten werden. Das durch seine Jagd auf Nazi-Verbrecher bekannte Simon- Wiesenthal-Zentrum und ein israelischer Holocaust-Überlebender haben beim Obersten Gericht Israels einen Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt, mit der die konzertante Aufführung durch die Staatskapelle Berlin unter Daniel Barenboim verhindert werden soll. Anfang der Woche hatte sich bereits der israelische Präsident Mosche Katsav gegen die Aufführung ausgesprochen. Der Antrag auf einstweilige Verfügung wurde am Donnerstag, dem Holocaust-Tag, gestellt, an dem Israel der sechs Millionen jüdischer Opfer des Nationalsozialismus gedenkt.
Zu den Solisten der geplanten Aufführung am 7. Juli gehört unter anderen der Tenor Placido Domingo. Aufführungen der Musik Wagners waren in Israel Jahrzehnte lang tabu. Im Sommer 2000 allerdings brachte das israelische Klassikradio eine Gesamtaufnahme von „Tristan und Isolde“, und Ende Oktober spielte das Sinfonieorchester der Stadt Rischon le Zion das „Siegfried-Idyll“ trotz massiver Proteste von Wagner-Gegnern auf der Bühne.
Zunächst ein Possenspiel, jetzt ein handfestes Politikum: Knapp drei Monate vor der traditionellen Love Parade ist immer noch nicht klar, wo, wann und ob überhaupt die Raver durch die Straßen der Hauptstadt tanzen dürfen. Denn nach dem vermasselten Termin am 14. Juli ist auch noch der Ausweichtermin, eine Woche später, in ernster Gefahr. Am 21. Juli will die „Aktion 2000“, eine Initiative zum Schutz des Tiergartens als der grünen Lunge in Berlin (und überall), an der traditionellen Paradestrecke auf der Straße des 17. Juni aufziehen. Und auch sie waren schneller und haben ihre Demonstration vor dem Love-Parade-Veranstalter Planetcom angemeldet. Die Raver sind sauer: „Wir sehen uns am 14. Juli“ lautet ein Aufruf übers Internet.
Auch der Berliner Senat sieht sich in der Zwickmühle. Auf der einen Seite steht das Recht auf Demonstrationsfreiheit. Auf der anderen Seite dringt die gesamte hauptstädtische Tourismusbranche auf eine schnelle Entscheidung. Die Verschiebung des Techno-Spektakels sei schon jetzt hochgradig peinlich, beschreibt Natascha Kompatzki von der Berlin Tourismus Marketing GmbH die Situation. Seit Sommer vergangenen Jahres werbe die Stadt Berlin schließlich weltweit mit dem 14. Juli.
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