unterm strich:
Gestern haben wir uns noch über die Ankündigung der Gorillaz, dem Comic-Band-Projekt um dem Blur-Sänger Damon Albarn, die Nominierung für den Mercury Prize abzulehnen, so hat sich das Blatt heute schon wieder gewendet. Ob sie es will oder nicht, die virtuelle Band bleibt auf der Liste der Nominierten für das beste britische Album des Jahres. Und zwar auf Weisung der Chefetage ihrer Plattenfirma Parlophone. Die Chancen, den Preis zu gewinnen, stehen ziemlich gut für die Gorillaz: Die Buchmacher führen sie mit einer Quote von 3:1 als Topfavoriten vor Basement Jaxx und Radiohead.
Anderes Genres, andere Nominierungen: Auch die MTV Music Video Awards werden demnächst vergeben, und der Regisseur Spike Jonez („Being John Malkovich“) ist bei den gleich in neun Kategorien vertreten. Sein Videoclip zu „Weapon of Choice“ von Fatboy Slim, in dem der Schauspieler Christopher Walken losgelöst von allen Beschränkungen der Schwerkraft durch eine Hotellobby tanzt und schwebt, steht als „bestes Video“ zur Wahl. Aber auch in den Sparten „bestes Dance Video“, „beste Regie“, „beste Choreografie“, usw. usf.
Welchen Ärger man sich einhandelt, wenn man so eine Trophäe wieder loswerden will, erfährt gerade Superstar Madonna. Als die Königin des Pop ankündigte, sie werde einen MTV-Award zu einem karitativen Zweck versteigern lassen, hallte ein Aufschrei der Empörung durch die MTV-Zentrale. Der Musiksender will nun in Zukunft die von ihm beschenkten Stars und Sternchen durch eine Erklärung dazu verpflichten, dass sie ihre Preise nicht auf dem freien Markt verkaufen dürfen.
Hat jemand gesagt, es gebe keinen politischen Aktivismus mehr im Popgeschäft? Hier und heute treten wir den Gegenbeweis an. Denn es gibt immer noch einige Stars, denen wir sofort einen Aktivisten-Award verleihen würden. Kandidat Nr. 1 ist der New Yorker Dance-Mucker Moby, der zusammen mit Beastie Boy Mike D eine Initiative zur Rettung des Kioto-Protokolls gestartet hat. Die Popkoalition „New Power Project“ soll im Verbund mit anderen NGOs Druck auf den Klimaverweigerer George W. Bush ausüben.
Als zweiten Kandidat schlagen wir Russell Simmons vor, den Besitzer des HipHop-Labels Def Jam, für seinen Einsatz gegen die Zensurmaßnahmen der amerikanischen Unterhaltungsindustrie. Bei einer Senatsanhörung zur „Harmonisierung“ der unterschiedlichen Bestimmungen bei Filmen, Musik und Computerspielen war sein Auftritt als Zeuge zuerst untersagt worden. Simmons erschien trotzdem und setzte einen Auftritt vor dem Gremium durch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen