unterm strich:
Seine berüchtigte Friedenspreisrede – genauer gesagt: die Proteste dagegen – verfolgen Martin Walser bis heute. Deswegen ist auch die aktuelle Lesereise des Autors, die der Vorstellung seines neuen Romans gilt, von Störungen jugendlicher Protestler begleitet gewesen, die dem Schriftsteller Antisemitismus vorwerfen. Diese Vertreter der „jungen Linken“ hat Walser nun in einem Interview zur Diskussion aufgefordert. „Ich bin sehr an einem Gespräch interessiert“, sagte der Autor, nur: bisher sei noch kein Demonstrant zu seiner Lesung oder zu einem Gespräch geblieben, wie er bedauernd bemerkte. Die Angriffe der meist jungen Kritiker lassen den 74-Jährigen nicht kalt: „Es macht mich wütend, und ich muss mich sehr beherrschen“, gestand er. Verständlich: Diese Woche war in Bremen ein Protestplakat zu sehen, das Walser in SS-Uniform zeigte, und im September war es anlässlich einer Lesung in Erfurt zu einer Rangelei zwischen Walser und den Demonstranten gekommen, bei der die Polizei eingreifen musste. „Da habe ich gemerkt, dass ich zur Gegenaktion neige“, sagte Walser.
In seinen Gegnern glaubt er eine „neue Protestgeneration“ erkennen zu können, von der er, etwas gönnerhaft, in einer Mischung aus Bewunderung und Erschrecken spricht: „Unschuldige Kinder, nichts als helle, schöne Jugendliche, die ihre Flugblätter vorlesen wollen, aber unansprechbar sind, gepanzert mit endgültigem Wissen“. Das sich deren Proteste an ihm entzünden, erklärt sich Walser mit der Suche nach Inhalten: „Die Junge Linke hat ja auch sonst nicht viel zu sagen.“ Ihre Befähigung zu einem Gespräch veranschlagt Walser daher letztlich nicht wirklich allzu hoch: „Sie kennen nur zwei, drei Zitate, haben aber noch nie was von mir gelesen“, und: „Diese paar Schlagworte werden jetzt auf Flugblättern mit einer Marxsoße zum trübsten Gebräu angerichtet, dem ich je in deutscher Sprache begegnet bin“. Auch nicht gerade allzu gute Voraussetzungen für einen echten Dialog, die Walser mit seinen Bemerkungen schafft.
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