unterm strich:
Berlin hat sich zum 100. Geburtstag von Marlene Dietrich am Grab der Schauspielerin für die stiefmütterliche Behandlung nach dem Zweiten Weltkrieg entschuldigt. Es sei beschämend für die Stadt, welche Anfeindungen dem Weltstar entgegengeschlagen seien, sagte der Chef der Senatskanzlei, André Schmitz, gestern bei einer Kranzniederlegung zum Gedenken an die Diva. „Berlin bittet dafür um Entschuldigung.“ Die Stadt gedenke ihrer voller Dankbarkeit. Auch Bundespräsident Johannes Rau ließ einen Kranz niederlegen.
Lehrreich zwischen den Feiertagen: „Im Kampf gegen verschiedenartigste Verfallsstadien werden nebenbei auch Kenntnisse der Fernsehtechnik und Tierzucht verlangt“, erfuhr die dpa von Christine Frohnert, Restauratorin für zeitgenössische Kunst am Museum Ludwig in Köln.
Brombeersaft und Blütenstaub als Farbe, Skulpturen aus Fett, Schokolade oder Eierschalen: Zeitgenössische Künstler arbeiten gerne mit ungewöhnlichen Materialien. Und entsprechend kleben die Restauratoren dann eben die Eierschalen, wenn Marcel Broodthaers Installation „Kleiner Wagen mit Eierschalen“ umkippt. Oder sie müssen den Brotkäfer bekämpfen: Denn die „Poubelles“ – ausgeschüttete Mülleimer des Franzosen Arman – haben es dem Ungeziefer im Kölner Museum besonders angetan. „In letzter Instanz hilft bei organischen Materialien nur noch Sauerstoffentzug“, erläutert Frohnert. Den Marzipankartoffel- Schaukasten von George Brecht, der momentan in ihrer Werkstatt liegt, will die Restauratorin in eine Vitrine mit reinem Stickstoff sperren.
Fast ebenso schwierig zu erhalten ist alt gewordene Elektronik. „Von den 195 Monitoren des ‚Brandenburger Tor‘, einer Installation des Video-Pioniers Nam June Paiks, ist ständig einer defekt“, sagt Frohnert. „Leider sind es alles Spezialanfertigungen aus Korea, von denen wir keine Schaltpläne haben und die extrem schwierig zu reparieren sind.“ Zurzeit begutachtet sie täglich das „Silberfischchen-Haus“ von Rosemarie Trockel und Carsten Höller. „Die Tierchen mögen das Licht und den Lärm nicht.“ Die Wellness-Kur: ein extra feuchter Schwamm.
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